Freitag, 23. November 2012

Orbit MIT Zucker

Hier eine weitere Geschichte, die aus einer Schreibgruppen-Hausaufgabe entstanden ist. Ausgangspunkt waren die fünf W: Wer? Was? Wo? Wie? Warum?, die ich mir leider nicht selbst aussuchen konnte, wodurch es zu folgender Ansammlung von Stichworten kam:

Wer: Orbit
Was: Kaugummi
Wo: ohne Zucker
Wie: zahnschonend
Warum: Empfehlung der Zahnarztfrau

Und das habe ich daraus gemacht:

Wie jeden Morgen ging Orbit nur sehr ungern zur Arbeit. Er arbeitete in der größten Kaugummi-Fabrik auf dem Planeten OHNE ZUCKER, in der nur besonders zahnschonender, zuckerfreier Kaugummi hergestellt wurde. Warum fragt ihr? Nun, weil die Frau des neuen Präsidenten, Eleanor Wrigley, von Beruf Zahnärztin war und ihren Mann dazu gedrängt hatte, alle Kaugummis mit Zucker – ja überhaupt alles mit Zucker – per Regierungsbeschluss zu verbieten. Darum! Um es genau zu sagen, hatte der Planet vorher auch nicht OHNE ZUCKER (natürlich in Großbuchstaben) geheißen, sondern Klein-Kaukasus. Das hatte zwar auch keinen Sinn ergeben, da es auf dem ganzen Planeten weit und breit keinen einzigen Russen gab. Das hatte aber niemanden gestört. Die neue Regierung unter Präsident Wrigley hatte den Planeten auf jeden Fall umbenannt und den Namen gleich noch zum planetenweiten Motto erklärt. Ohne Zucker! Alles und jedes gab es jetzt nur noch ohne Zucker. Wer sich eine goldene Nase verdienen wollte, stellte seitdem Mannit, Sorbit, Xylit, Lactit und andere Zuckerersatzstoffe in rauen Mengen her. Sogar Obst wurde der natürliche Fruchtzucker entzogen, um ihn dann durch einen Zuckerersatzstoff zu ersetzen. Seitdem schmeckte alles Obst ziemlich gleich und abgesehen von Form, Farbe und Größe hätte man nicht sagen können, ob man einen Apfel, eine Erdbeere oder eine Wassermelone aß. Es gab sogar mit Zuckerersatzstoffen angereicherte Lebensmittel, die in ihrer Ursprungsversion überhaupt keinen Zucker enthalten hatten – zum Beispiel Steak.

Zumindest Orbit hatte die Nase vom Leben ohne Zucker inzwischen gestrichen voll. Den jüngeren Generationen mochte ihr zuckerfreies Dasein nichts ausmachen, konnten sie sich ja nicht daran erinnern, dass die Süßigkeiten früher nur so vor Zucker gestrotzt hatten und gerade deshalb so unwahrscheinlich köstlich gewesen waren. Mit Wehmut erinnerte sich Orbit an sein letztes Dreifach-Schokoladen-Eis bestehend aus normaler, heller und dunkler Schokolade und Zucker in rauen Mengen. Kein noch so sehr mit Zuckerersatzstoffen versetztes Eis konnte da mithalten. Und mal ganz ehrlich: Störte sich dann keiner außer ihm an den verdauungstechnischen Nebenwirkungen des übermäßigen Zuckerersatzstoff-Genusses? Ob wohl die Hersteller von Windeln für Erwachsene seitdem auch Umsatzsteigerungen verzeichneten? Gewundert hätte es ihn nicht.

Für Orbit stand auf jeden Fall fest: Diese Zuckerverbannung musste endlich ein Ende haben. Er wollte nicht länger ohne Zucker leben. Also musste etwas passieren. Nur was? Über diese Frage dachte er lange nach. Er dachte darüber auf dem Weg zur Arbeit nach, er dachte während der acht Stunden darüber nach, die er am Fließband stand und Kaugummi-Päckchen in Kartons packte, er dachte auf dem Heimweg darüber nach und er dachte in seiner Freizeit darüber nach. Er erstellte Pläne, Schaubilder und entwarf Szenarien, die er aber genauso schnell wieder verwarf. Schließlich war er doch nur ein kleines, unbedeutendes Rädchen in der großen Zuckerersatzstoff-Maschinerie, wie sollte also gerade er dafür sorgen, dass der Planet OHNE ZUCKER endlich nicht mehr ohne Zucker leben musste?

Und dann kam ihm eines Tages eine Idee. Er war gerade mitten in seiner achtstündigen Schicht am Fließband der Kaugummi-Fabrik, als sie ihn traf wie der vierzig Pfund schwere Vorschlaghammer, der bei seinem Bruder in der Garage stand, den dieser aber noch nie benutzt hatte, einfach deshalb weil er überhaupt nicht gewusst hätte wofür. Orbit riss ob ihrer Einfachheit und Brillanz Augen und Mund auf und seine Hände, die gerade einen weiteren Stapel Kaugummis in einen Karton packen wollten, erstarrten in der Luft. So verweilte er ganze zwanzig Sekunden lang, während es in seinem Gehirn raste. Nach Ablauf dieser zwanzig Sekunden bemerkte sein Vorarbeiter, dass sich das Band mit den Kaugummi-Kartons zwar weiter bewegte, Orbit aber nicht, schlug ihm mit der flachen Hand auf den Hinterkopf und raunzte ihn an, er solle gefälligst weiterarbeiten, er würde nicht fürs dumm rumstehen bezahlt.

Orbit bemühte sich für den Rest des Tages nicht aufzufallen, während er in seinem Kopf seinen Plan ausarbeitete, der diesem Leben ohne Zucker endlich ein Ende setzen sollte. Kaum erklang die Schlussglocke, eilte er nach Hause, um ihn so schnell wie möglich aufzuschreiben, damit er nicht irgendein besonders wichtiges Detail wieder vergaß. Dabei achtete er, ganz in Gedanken versunken, nicht auf seine Umgebung und blickte auch nicht auf, als er auf die Straße und genau vor einen Bus lief. Der Fahrer des Busses hatte keine Chance mehr zu bremsen und so erwischte der Bus Orbit mit voller Wucht. Orbit selbst bekam von seinem plötzlichen Tod überhaupt nichts mit. Er war zu beschäftigt.

Und so mussten die Bewohner des Planeten OHNE ZUCKER noch weitere zwanzig Jahre ohne Zucker auskommen, bis Präsident Wrigley, inzwischen Diktator Wrigley, endlich starb und seine Frau nichts mehr zu sagen hatte.

Mittwoch, 14. November 2012

Skyfall

Wie bereits angekündigt, habe ich gestern im Kinopolis den leckeren Daniel Craig angeschmachtet - und nebenbei auch noch ein bisschen die Handlung des neuen James Bond verfolgt.

Gleich zu Beginn kann ich sagen, dass der Film eindeutig besser war als der Letzte, was aber wahrscheinlich keine übermäßige Kraftanstrengung erfordert hat, denn IMHO war bei "Quantum of Solace" der Titel das einzig Gute. Regisseur war dieses Mal Sam Mendes, der einem eher von Filmen wie "American Beauty", "Road to Perdition" und "Zeiten des Aufruhrs" her ein Begriff ist. Mendes und Bond? Eine interessante Mischung, aber auch eine vielversprechende? Ich würde sagen ja.

Mit 143 Minuten war der Film etwas lang. Und da Javier Bardem als Bösewicht in blond in den ersten 60 davon gar nicht auftaucht, wären hier sicherlich Kürzungen möglich gewesen. Mit seinem ersten Auftreten gewinnt der Film nämlich deutlich. Bardem spielt seinen Charakter als eine Mischung aus Psychopath und schwulem Friseur, der immer wieder so lange flötend durch den Film tänzelt (fast erwartet man, dass er entweder ein Taschentuch schwenkt oder an einem Strauß Wiesenblumen riecht - und ja, natürlich bediene ich hier ein Klischee) bis er plötzlich entweder kaltblütig jemanden umbringt oder etwas in die Luft sprengt. Und auch dann zeigt er eine äußerst vergnügliche Art von Wahnsinn, wenn er sich z.B. darüber beschwert, wie unglaublich anstrengend und antiquiert er doch diese ganze Rumrennerei findet.

Daniel Craig als James Bond gefällt zumindest mir ziemlich gut. Er stellt sich allem, was ihm so in den Weg geworfen wird, mit einer zynischen "Ihr könnt mich alle mal"-Einstellung, ohne wie im letzten Teil den andauernd schlecht gelaunten Racheengel zu geben. Zwar erlaubt er uns durchaus einen Blick hinter die markige Agenten-Fassade, aber im Endeffekt tut er das, was man von ihm erwartet: Er macht die Bösen fertig. Gerne mit einem coolen Spruch auf den Lippen und die meiste Zeit äußerst gut gekleidet. Es wurde viel geschrieben, dass man in diesem Film einen labilen und gebrochenen Bond sieht, der sich nur noch mit Alkohol und Drogen über Wasser hält. Und diese Phase gibt es durchaus. Aber dann reißt er sich am Riemen und wird wieder die coole Sau, die wir so lieben. Und wenn er zum Schluss noch einmal völlig Bond-untypische Emotionen zeigt, dann aus gutem Grund.

Ansonsten spart der Film nicht mit amüsanten Details. Sei es der silberne Aston Martin DB5 (laut Internet sogar mit dem Original-Kennzeichen aus "Goldfinger" - faszinierend, dass es Leute gibt, die auf so etwas achten), den Bond als Ersatzfahrzeug aus der Garage holt, weil M's Jaguar zu "auffällig" ist, das erste Auftreten von Miss Moneypenny (die allen Ernstes ihre Außendienst-Karriere an den Nagel hängt, um M's Sekretärin zu werden - echt jetzt?) oder der neue Q, der Bond als Ausrüstung nichts weiter mitgibt als eine Waffe und einen Peilsender und ihn mit einem Blick auf seinen enttäuschten Gesichtsausdruck fragt, ob er einen explodierenden Stift erwartet hätte. Da freut man sich als jemand, der jeden Bond Film der letzten 50 Jahre (wohlgemerkt nicht IN den letzten 50 Jahren) gesehen hat, schon so ein kleines bisschen. :o)

Nur an der Sache mit Bond und den Bondgirls müssen sie noch arbeiten. Ich weiß ja, dieser Bond hier ist ein harter Knochen usw. aber ein bisschen mehr Lala (ihr wisst schon) und das auch gerne verbunden mit ein bisschen mehr Bond ohne - sowohl oben wie auch unten - wäre doch nicht verkehrt. Man muss sich doch auch mal erholen von der ganzen Rumrennerei.

Mein Fazit: Solider James Bond, großartiger Bösewicht, sehr schön zickige M und vernachlässigbare Bondgirls. In Teilen erfrischend humorvoll, dafür in anderen etwas langatmig und wie man von Bond erwartet auch gerne mal unrealistisch. Und wirklich tolle Bilder. Auf jeden Fall ansehen.

Freitag, 9. November 2012

15.000 Wörter und kein Ende in Sicht

Mit dem heutigen Tag sollte ich beim NaNo 15.000 Wörter haben. Und zum Glück habe ich die auch. Leider aber auch nicht viel mehr. In den ersten vier Tagen hatte ich mir so ein schönes Polster zugelegt, das dann, wie es bei mir so üblich ist, schrumpfte und schrumpfte und schrumpfte und ... naja, ihr wisst schon, worauf ich hinaus will. Ich denke schon, dass ich heute noch ein paar Wörter schaffen werde und am Wochendende ist auch noch was drin, aber das ist auch nötig, denn die Planung für nächste Woche ist gänzlich NaNo-ungeeignet:

Montag: lecker essen gehen beim Sausalitos
Dienstag: leckeren Daniel Craig in "Skyfall" anschmachten (dann gibts auch wieder Futter für den Blog)
Mittwoch reißt es raus: Schreibtreffen im Albatros (vielleicht haben die ja endlich mal wieder die leckeren Spinatknödel in Salbeibutter)
Donnerstag: hoffentlich lecker All you can eat-Sushi essen gehen
Freitag: beim Friseur endlich mal wieder einen leckeren Haarschnitt bekommen (lecker steht in diesem Fall für ordentlich, ist ja wohl klar)

Das ist beileibe keine NaNo-freundliche Planung (und wenn man sie so liest, könnte man den Eindruck bekommen, dass ich nächste Woche eher essen werde, anstatt zu schreiben :o)), aber von so Kleinigkeiten lasse ich mich als erfahrener NaNoist ja nicht ablenken.

Ein viel größeres Problem könnten außerdem die allerersten Doctor Who-Folgen darstellen (und ich meine wirklich die ALLERERSTEN von 1963), die mir ein Mitschreiber am Mittwoch mitgebracht hat (ich bin immer noch unentschlossen, ob ich ihn dafür lieben oder hassen soll). Bei der Frage: Schreiben oder dem ersten Doctor zugucken? weiß ich jetzt schon, wer gewinnt.

Dienstag, 30. Oktober 2012

Marilyn, Telekinese und Nazis

Ich habe letztes Wochenende das zumindest am Freitag und Samstag eher dürftige Wetter genutzt und ein paar Filme geschaut, die ich schon die ganze Zeit mal sehen wollte. Um genau zu sein, waren es drei: My Week with Marilyn, Chronicle und Iron Sky. Das Schöne daran – ich fand alle drei gut.

My week with Marilyn erzählt die Geschichte von Colin Clark, einem Mitarbeiter bei Sir Laurence Olivier Productions, der während der Dreharbeiten zu „Der Prinz und die Tänzerin“ Marilyn Monroe kennenlernt. Da Marilyn Monroe und Laurence Olivier sich alles andere als gut verstehen – hauptsächlich deshalb, weil sie die Art und Arbeitsweise des anderen einfach nicht verstehen – fällt ihm irgendwann die Aufgabe zu, sich um sie zu kümmern und natürlich verliebt er sich in sie. Der Film ist hochkarätig besetzt mit Michelle Williams als Marilyn, Kenneth Branagh als Laurence Olivier und Julia Ormond als Vivien Leigh. Michelle Williams liefert eine wirklich gute Performance ab, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass sie nicht selbst singt. An die sehr markante und leicht erkennbare Stimme von Marilyn Monroe kommt sie einfach nicht ran. Ansonsten spielt sie Marilyn als sowohl verängstigte, Liebe suchende wie gleichzeitig berechnende Person, die manchmal genau zu wissen scheint, wie sie ihre Wirkung auf andere ausnutzen kann und manchmal wieder so gar keine Ahnung hat. Ich kann Laurence Olivier auf jeden Fall bis zu einem gewissen Punkt verstehen, dass sie ihn zum Wahnsinn getrieben hat. Als Zuschauer schwankt man zwischen Anbetung, Mitleid und dem Wunsch, ihr mal kräftig in den Hintern zu treten.

Chronicle geht in eine gänzlich andere Richtung. Drei Teenager erkunden während einer Party eine Höhle im Boden, finden dort irgendwelche außerirdischen Bauten oder Raumschiffe (vielleicht sind es auch die Außerirdischen selbst) und stellen kurz danach fest, dass sie plötzlich über die Fähigkeit verfügen, Dinge nur mit ihren Gedanken zu bewegen. Am Anfang verläuft das alles noch ganz lustig, sie werden immer stärker, überwinden im Endeffekt sogar die Schwerkraft und können fliegen. Bis einer der drei (der Außenseiter, der auf der Schule regelmäßig gemobbt wird), anfängt seine Kräfte zu nutzen, um sich für bisherige Demütigungen zu rächen und dabei schließlich übers Ziel hinausschießt. Der bisher Schwächere sitzt plötzlich am längeren Hebel und versucht zwar zu Beginn noch, das Richtige zu tun, erklärt seine Überlegenheit aber schließlich einfach mit der Evolution und sich selbst zum Übermenschen. Schön gemachter Film, der in der Machart insofern an „Blair Witch Project“ erinnert, als auch hier alles angeblich von den Protagonisten selbst (mit teilweise interessanter Kameraführung, weil sie die Kamera ja später im Film auch einfach über sich schweben lassen können) oder durch Überwachungs- oder sonstige Kameras gefilmt wurde.

Apropos Übermenschen (na, das nenn‘ ich einen Übergang :o)): Der letzte Film war Iron Sky, ein finnischer Film, der wieder bestätigt, was ich schon seit Leningrad Cowboys wusste: Die spinnen die Finnen! Die Nazis (nicht alle, aber ein paar) sind zum Ende des 2. Weltkriegs geflüchtet und haben sich auf der dunklen Seite des Mondes versteckt, wo sie allerdings nicht auf die Decepticons treffen, sondern 2018 von einer amerikanischen Shuttle-Besatzung entdeckt werden. Die halten sie für einen Spähtrupp von der Erde und machen sich daraufhin bereit, selbige für die arische Rasse wieder zurück zu erobern. Vor allem nachdem sie feststellen, dass das Handy, das einer der Astronauten dabei hat, 10.000 mal mehr Rechnerkapazität hat als ihr schrankwandgroßer eigener Rechner und sie somit endlich das eigens dafür gebaute Raumschiff starten können. Dummerweise macht der Akku des Handys das nur ganze fünf Sekunden mit. Also erstmal zur Erde und mehr davon besorgen. Hier jetzt die gesamte Handlung und die darin enthaltenen Absurditäten aufzuzählen würde zu weit führen, daher sage ich nur: Albinisierung, Sarah Palin auf einem Stepper, Black to the Moon, Universelle Systematische Bindung (USB) und „Es heißt nicht Heil Hitler, es heißt Heil Kortzfleisch! Mit Udo Kier, der genau so verrückt rüberkommt wie immer und einem großartigen Götz Otto. Ich habe schon lange nicht mehr so gelacht!

Wer also das auch heute eher bescheidene Wetter nutzen möchte – ich kann jeden der drei Filme empfehlen.

Dienstag, 23. Oktober 2012

Pilchern bis der Arzt kommt?

Laut der NaNo-Startseite sind es noch 8 Tage und etwa 9 Stunden bis es endlich los geht (hibbel!!!). Und da stellt sich doch so langsam die Frage: Worüber will ich eigentlich schreiben?

Eigentlich war das gar kein Thema mehr, denn meine Story stand, ich hatte die Charaktere zusammen und wusste zur Abwechslung sogar mal wie es endet. Aber dann machte es heute "Klick" (oder von mir aus auch "Bläh" oder "Prrrrwwwffff" - ich glaube, ich bin für "Prrrrwwwffff") und mein Bauch wollte die Geschichte nicht mehr haben und ich wollte die Geschichte nicht mehr schreiben.

Vielleicht, weil ich eine Liebesgeschichte schreiben wollte (weil ich die Idee zu der Story irgendwann mal hatte). Das Problem an der ganzen Sache: Ich lese keine Liebesromane! Ich habe einmal in meinem Leben versucht, einen Nicholas Sparks-Roman zu lesen und ihn nach wenigen Seiten wieder weggelegt. Ich schaffe es von mir aus, mir einen LiebesFILM anzusehen, aber bei LiebesROMANEN bin ich raus.

Aber irgendwie erschien mir die Geschichte gut geeignet dafür, sich zur Abwechslung mal ganz auf meine Charaktere zu konzentrieren. Quasi als eine Art Kammerspiel (der Großteil der Geschichte spielt an ein und demselben Ort), bei dem man sich nicht noch zusätzliche Gedanken über das Setting, außerirdische Technologien oder magische Zauber machen muss (ihr seht schon, was ich sonst so lese bzw. schreibe - und gibt es überhaupt nicht-magische Zauber???). Und ich habe auch von Anfang an kein Happy End geplant, sondern die ganze Sache endet tragisch mit Tod und Verlust.

So weit, so gut. Und trotzdem: Ich mag nicht! Ich kann der ganzen Geschichte nichts abgewinnen. Ich habe sogar überlegt, auf welche Art und Weise ich doch noch etwas Fantastisches in die Story reinquetschen kann. Aber gruselige Tentakelwesen, die sich à la Lovecraft aus der nebligen See erheben, um meine Charaktere zu versklaven, passten irgendwie nicht zum Tenor der ursprünglichen Story.

Natürlich könnte ich sie trotzdem schreiben. Einfach alle Hoffnung fahren lassen, dass dabei was Gutes rauskommt und pilchern bis Dr. Stefan Frank persönlich den literarischen Fluten entsteigt („pilchern“ hier natürlich abgeleitet von der MEISTERIN des kitschigen Herzschmerz und der verzwickten Familienverhältnisse: Rosamunde Pilcher). Mit allem was dazu gehört: Mann verliebt sich in Frau, muss dann erfahren, dass sie seine Schwester ist, da sein Vater früher mal was mit der Haushälterin hatte. Enttäuscht wendet er sich der kalten Karrierefrau zu, um stattdessen sie zu heiraten. Im allerletzten Moment gesteht seine Mutter, dass sein Vater gar nicht sein Vater ist, weil sie früher mal was mit dem Gärtner hatte. Oh Freude, seine Schwester ist gar nicht seine Schwester. Sie leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage im idyllischen Coventry (oder so ähnlich).

Aber sollte ich meinen NaNo an etwas verschwenden, das ich danach wahrscheinlich nie wieder eines Blickes würdigen werde? Oder noch viel schlimmer: Das Buch wird ein Bestseller (ich kann als Hommage an den Zeitgeist ja noch ein bisschen Sado-Maso einbauen) und ich bin für ewig gefangen in der Hölle der Liebesschnulzen-Schreiber, muss 28 Fortsetzungen schreiben und jedes Jahr auf der Endless Love Convention lesen (und nein, ihr müsst sie nicht googeln). Dann doch lieber Zombies!

P.S. Wart ihr übrigens genau wie ich der Meinung, dass Rosamunde Pilcher eigentlich aus Bayern kommt und in der Tradition von Karl May über Cornwall schreibt ohne jemals da gewesen zu sein? Falsch. Die Frau kommt wirklich aus England.

P.P.S. Auf der deutschen Wikipedia-Seite zu ihr sind übrigens nur 16 eigenständige Romane gelistet (auf der englischen immerhin 28, von denen sie einige unter dem Pseudonym Jane Fraser geschrieben hat), dafür aber ganze 107 ZDF-Verfilmungen. Was soll man dazu jetzt sagen?

Sonntag, 21. Oktober 2012

Größenwahn

Hier mal wieder etwas aus meiner eigenen Feder. Die letzte Hausaufgabe meiner Schreibgruppe lautete "Aus der Perspektive einer Spielfigur schreiben". Ich schätze, die habe ich nicht ganz erfüllt. Aber lest selbst:

Oh ja, ja, ja, er nimmt mich. Er nimmt mich. Komm schon: Nimm mich! Jetzt hör auf zu überlegen und nimm mich. Mach schon!!! Er hat mich genommen. Und jetzt, nein, du wirst doch nicht. Nein, setz mich nicht da hin. Nicht da hin. Ein bisschen mehr nach links. Nach links. Noch ein bisschen. Noch ein bisschen. Jaaaaaa!!! Genau hier! Schlossallee. Hier gehör ich hin. Ha, kommt schon ihr Looser. Euch werd ich bluten lassen. Kommt nur alle her.

Ja, du musst gar nicht so gucken. Du armseliger Wicht da auf der Bahnstraße. Du kannst noch so sehr tun, als wären du und ich genau gleich. Wir sind nicht gleich. Denn ich – ICH – ich sitze auf der Schlossallee. Und da kann keiner von euch mithalten. Ihr müsst gar nicht erst versuchen, mitzuhalten. Ihr habt ohnehin keine Chance. Findet euch damit ab. Keiner kann mit mir mithalten. Ich bin super. Ich bin toll. Ich bin teuer. Richtig teuer.

Halt, war das eine fünf? Ja, das war eine fünf. Dann komm mal her. Komm her. Hör auf zu heulen und komm schon. Ha, Kohle, richtig viel Kohle. Kohle, Kohle, Kohle!!! Immer her damit mit der Kohle!! Da da da da daaa da! Da da da da daaa da!!! Kohle!!!!

Was macht er denn jetzt? Was soll das denn werden? Nicht doch! Wieso investierst du die Kohle denn jetzt in die Bahnhöfe. Bau doch lieber auch noch auf der Parkstraße ein Hotel. Dann können wir sie alle so richtig abzocken. Ausnehmen. Schröpfen. Dann bleibt kein Auge mehr trocken. Komm schon!!! Ach Gott, er entscheidet sich für die Bahnhöfe. Was ein Vollidiot. Und hier kommt schon der erste auf die Parkstraße. Und was steht da? Drei mickrige kleine Häuser. Idiot, Idiot, Idiot! Warum krieg ich immer die Idioten. So schwer ist das Spiel doch nicht. Man muss kein Atomphysiker sein, um es zu verstehen. Wenn ich die Schlossallee und die Parkstraße habe, dann setze ich auf beide Hotels und dann geht’s ab. Wo bitte schön ist das Problem?

Und der nächste auf der Parkstraße. Und wieder nichts. Verdammt noch mal. Das ist doch totaler Bockmist. Bau da endlich ein Hotel. Mach schon. Aber er machts nicht. Und jetzt? Nein, was soll das denn? Kannst du nicht mal anständig würfeln. Was und zweimal hintereinander? Das ist doch nicht dein Ernst? Tja, die haben es richtig gemacht. Komplette Straßenzüge mit Hotels auf allen Straßen. Da muss man richtig blechen. Aber du warst ja zu doof dafür. Idiot, Idiot, Idiot!!!

Wie – wir sind pleite? Ob du was verkaufen willst? Na, wenn dann doch wohl die Bahnhöfe, oder etwa nicht? Moment. Nein, was machst du denn da. Finger weg. Fass mich ja nicht an. Ich will runter. Lass mich wieder runter.

Hallo Jungs, wie wars hier so während ich weg war? Aber Jungs, nicht doch. Das hab ich doch nicht so gemeint. Natürlich bin ich nicht besser als ihr. Wir sind doch alle gleich. Aua!!!

Freitag, 12. Oktober 2012

NaNoWriMo

Hier jetzt endlich der versprochene Post über den NaNoWriMo, den National Novel Writing Month – der ja inzwischen eigentlich International Novel Writing Month heißen müsste, nahmen doch z.B. 2010 laut Wikipedia bereits mehr als 200.000 hoffungsvolle Schriftsteller überall auf der Welt teil.

Aber worum geht es überhaupt beim NaNo (man beachte die liebevolle Abkürzung)? Einfach gesagt darum, in den 30 Tagen des Monats November einen ersten Romanentwurf von mindestens 50.000 Wörtern zu schreiben – das sind immerhin 1.667 Wörter pro Tag (als Vergleich: dieser Post hat gerade mal 650) und das 7 Tage die Woche. Natürlich muss der Roman nicht nach 50.000 Wörtern fertig sein und man muss auch nicht zwangsläufig aufhören, wenn man die 50.000 Wörter schon vor Ende des Monats erreicht hat (man kann auch 100.000 schreiben – oder 200.000 – oder … ihr versteht schon) und man kann natürlich auch noch im Dezember weiterschreiben (und Januar, Februar …), aber 50.000 Wörter müssen es im November mindestens sein.

Und mir reicht das auch völlig. Ich bin immer froh, wenn ich es schaffe. Zum einen, weil ich sehr langsam bin und zum anderen, weil ich unweigerlich in der Mitte des NaNos den NaNo-Blues kriege und das Machwerk, das ich bis dahin verzapft habe am liebsten nur deshalb ausdrucken möchte, um es zeremoniell zu verbrennen. Aber damit bin ich wohl nicht alleine. Da heißt es dann: Augen zu und durch und erst im Dezember wieder darüber lamentieren, dass das alles totaler Schrott ist. Und sich vorher einfach mit James Thurber trösten, der sagte: „Ich weiß nicht, aber meine ersten Entwürfe klingen immer als hätte die Putzfrau sie geschrieben.“ (Ich will hier auf keinen Fall irgendwelchen Putzfrauen zu nahe treten.)

Genau das war auch die Idee hinter dem Ganzen: Man hat eine Deadline und jede Menge Wörter, die man bis dahin produzieren muss – da kann man sich nicht alle zehn Minuten ein neues Wortgefecht mit seinem inneren Kritiker leisten, der einen ein ums andere Mal davon überzeugen will, dass man doch gleich auf Klopapier schreiben kann, denn das was man bisher geschrieben hat eignet sich ja bestenfalls zum „Popoputzen“. Der NaNo ist also quasi ein Freifahrtschein zum Schlechtsein. Der allerdings nur für die erste Fassung gilt. Getreu dem Motto: Was erst einmal auf dem Papier steht, lässt sich später immer noch ändern oder verbessern. Man kann nichts verbessern, dass man nie geschrieben hat.

Meine erste NaNo-Erfahrung war 2009. Einen Tag bevor es losging, habe ich vom NaNo erfahren und fand die ganze Idee so toll, dass ich spontan beschlossen habe mitzumachen – ohne Story, ohne Plan, ohne Alles. Ich bin mit Pauken und Trompeten gescheitert.

2010 war ich vorbereiteter. Ich hatte zumindest in Ansätzen eine Vorstellung von der Geschichte und ihren Charakteren. Und auch wenn der Roman selbst nie fertig geworden ist, die 50.000 Wörter habe ich geschafft.

Letztes Jahr hat mir leider das Leben einen Strich durch meine NaNo-Planung gemacht, aber dieses bin ich auf jeden Fall wieder dabei und seit Anfang Oktober schon fleissig am Planen meiner Geschichte, Entwickeln der Charaktere und Erforschen der Konflikte (ja, Planen ist erlaubt, nur mit dem Schreiben muss man bis November warten). Mit dem festen Vorsatz, spätestens Ende Dezember eine fertige erste Fassung in meinen Händen zu halten. Wie schlecht sie auch immer sein mag.

P.S.: Und für alle, die jetzt meckern: Bäh, Quantität vor Qualität – das bringt doch nichts! Ein Roman, dessen erste Fassung während dem NaNo entstanden ist, ist z.B. „Wasser für die Elefanten“ von Sara Gruen. Ich bin mir sicher, spätestens seit der Hollywood-Verfilmung haben fast alle schon mal davon gehört.

P.P.S.: Und für alle, die sich jetzt denken: Och, da hätte ich auch mal Lust drauf, aber so ganz alleine ist das ja schon doof. Es gibt in vielen Städten Deutschlands NaNo-Gruppen, in denen ihr euch mit anderen, die genauso verrückt sind, zusammentun könnt. Schaut doch einfach mal im NaNo-Forum nach einem Treffen in eurer Region. Schreiben müsst ihr natürlich immer noch selbst.

Montag, 8. Oktober 2012

Wildschweine-Doggenhund

Durch anderthalb Wochen Urlaub ist mein innerer Schweinehund auf eine ungeheure Größe angewachsen und ist jetzt nicht mehr nur ein Schweinehund, sondern ein Wildscheine-Doggenhund - hier stellt sich auch wieder die Frage, was ist größer, die deutsche oder die dänische Dogge? Er wiegt inzwischen so um die 800 kg und hört auf den schönen Namen Pascal. Eigentlich ist Pascal ein Netter - durchaus flauschig und warm und man kann sich auf der Couch so richtig gemütlich an ihn rankuscheln. Und genau da liegt das Problem. Pascal kuschelt gerne und sträubt sich nicht nur bei sich selbst gegen Bewegung jeglicher Art - ob nun körperlich oder geistig-, sondern auch bei mir. Und wenn einen dann der 800 kg Wildschweine-Doggenhund anspringt, wenn man gerade auf dem Weg zum Schreibtisch oder zur Tür hinaus ist (natürlich zum Sport), dann kann das schon zu Verletzungen führen. Aber dabei schnurrt er immer so nett (er glaubt anscheinend, er wäre die dritte Katze in meinem Haushalt), dass man ihm gar nicht lange böse sein kann und ihn stattdessen gerne unter dem Kinn krault.

Aber damit muss jetzt Schluss sein. Im November steht nämlich mal wieder der NaNoWriMo an (dazu mehr im nächsten Post, den ich ohne Pascals Interventionen ja auch schon längst geschrieben hätte) und deshalb muss Pascal jetzt abnehmen. Ob er will oder nicht. Außerdem darf er jetzt auch nicht mehr auf die Couch und muss nachts im Flur schlafen. Und wenn das alles nichts hilft, muss ich ihn für die Zeit ausquartieren - zu meinen Eltern. Da kann er den Garten unsicher machen und meine Mutter hält bestimmt das ein oder andere Leckerli für ihn bereit. Und im Dezember darf er dann auch wieder nach Hause kommen. Denn so ganz ohne Schweinehund wäre das Leben doch langweilig. Vor allem, wenn er so flauschig ist wie meiner.

Dienstag, 18. September 2012

Bourne oder nicht Bourne – das ist hier die Frage

Samstag war ich im Kino um mir „Das Bourne Vermächtnis“ anzusehen. Dieses Mal ganz ohne Matt Damons Jason Bourne, dafür mit Jeremy Renners Aaron Cross. Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich mag Jeremy Renner. Aber keine Angst, ich werde jetzt nicht in eine Kleinmädchen-Schwärmerei verfallen und den Film einfach als total super durchwinken. Ich bin aber, anders als die Hardcore-Damon-Fans, auch nicht der Meinung, dass Bourne ohne Bourne nicht geht.

Eine kleine Warnung vorab: SPOILERS!!! Wer nichts über die Handlung des Films wissen will, sollte hier nicht weiterlesen!

Die Ereignisse des Films spielen zeitgleich mit denen im dritten Teil, womit einerseits sehr klar ist, warum Jason Bourne nicht mitspielt und andererseits, warum Aaron Cross und die anderen Agenten des Projekts Outcome ausgeschaltet werden sollen. Bourne hängt schließlich gerade die Existenz von Treadstone an die große Glocke. Und die Chefs von Treadstone und Outcome haben wohl auf mehreren öffentlichen Veranstaltungen zusammen einen gehoben, wovon auch Bilder auf Youtube aufgetaucht sind. Alleine die Möglichkeit, dass irgendjemand von diesen wenigen Bildern auf mehr schließen könnte, reicht den Oberbossen aus, um das Projekt komplett einzustampfen. Das gelingt auch hervorragend: nur Aaron Cross entkommt dem Ganzen.

Leider kann er aber nicht einfach untertauchen und sich darüber freuen, dass alle denken, er wäre tot. Anders als Bourne, schluckt Cross nämlich täglich eine blaue (fürs Hirn) und eine grüne (für die Muskeln) Pille, um seine gesteigerten Fähigkeiten aufrechtzuerhalten. Sonst war‘s das nämlich nicht nur mit dem Update zum Homo Sapiens 2.0, er verwandelt sich außerdem in ein sabberndes Etwas mit dem IQ eines Schafswollpullovers. Verständlicherweise hat er da nicht wirklich Lust drauf. Also macht er sich auf die Suche nach der Ärztin, die ihn im Projekt in regelmäßigen Abständen untersucht hat (Martha, gespielt von Rachel Weisz), damit diese ihm seine Drogen besorgt.

Die hat zwar keinen Zugang zu irgendwelchen Pillen, klärt ihn aber darüber auf, dass er die grüne Pille sowieso nicht mehr braucht, weil sie ihn vor einiger Zeit mit dem lebenden Virenstamm infiziert hat und er jetzt für immer stark ist. Das gilt leider nicht für die blaue – es besteht also weiterhin die Schafswollpullover-Gefahr. Gibt es denn nicht das blaue Pendant des grünen Virus? Doch gibt es. In der Fabrik in Manila, in der auch die Pillen hergestellt werden. Na also, dann nichts wie hin nach Manila. Hier hätte ich übrigens so einen Szenenübergang schön gefunden, wie er in der alten Batman-Serie mit Adam West immer üblich war.

Und was kommt danach? Kurz gesagt: nach Manila, in die Fabrik, Virus gespritzt, entdeckt und fast aufgehalten worden, aber entkommen, Virus verursacht schlimme Krankheitssymptome, in Hotelzimmer versteckt, um die Symptome auszukurieren, auch wieder entdeckt worden, Symptome haben zum Glück nachgelassen, Verfolgungsjagd mit örtlicher Polizei und einem Super-Super-Agenten vom Projekt Larx (WTF???), Super-Super-Agent ausgeschaltet, Polizei entkommen, auf einem Fischerboot zwischen den Inseln vor den Philippinen dahin schippern, Film zu Ende.

Wie – das fandet ihr jetzt etwas schnell? Ja, ich auch.

Nachdem der erste Teil des Films sich wirklich viel Zeit nimmt, Aaron Cross als Charakter einzuführen, zu erklären, warum er getötet werden soll und ihn Martha retten lässt (die natürlich auch getötet werden sollte), geht es spätestens ab dem Mittelteil alles sehr schnell und irgendwie auch viel zu einfach. Bis auf, dass Cross einmal mitten im Schritt stoppt und kurz ins Leere starrt, gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass die Wirkung der blauen Pille so langsam nachlässt. Und zwei Sekunden später hat Martha ihm dann auch schon das Virus gespritzt und es geht ihm zwar für etwa 24 Stunden nicht ganz so gut, aber danach ist er wieder fit wie der Super-Agent, der er ja ist. Hier hätte ich deutlichere Auswirkungen des Entzugs interessanter gefunden, vielleicht sogar, dass Cross komplett außer Gefecht gesetzt wird und Martha ihm das Virus alleine besorgen muss, weil sie genau weiß, dass sie ohne ihn aufgeschmissen ist. Vor allem, da Jeremy Renner durchaus in der Lage ist, so etwas überzeugend darzustellen. Diese Möglichkeit hätte man ihm ruhig bieten können.

Und dann gibt es eigentlich den Rest des Films nur noch Verfolgungsjagd und plötzlich ist alles vorbei und sie sitzen händchenhaltend auf dem Schiff, keiner scheint mehr nach ihnen zu suchen und alles ist Friede, Freude, Eierkuchen. Ja, ich weiß auch, dass da noch ein weiterer Teil kommt, ist ja klar. Aber den Film so ganz ohne einen Hinweis darauf enden zu lassen, dass die bösen Oberbosse noch nicht aufgegeben haben, vor allem da Aaron und Martha auch noch den Larx-Super-Super-Agenten platt gemacht haben – da fehlt mir persönlich was. Oder der Hinweis war so kurz, ich habe ihn einfach nicht mitgekriegt – was aber im Grunde genommen aufs Gleiche rauskommt.

Im Großen und Ganzen fand ich den Film gar nicht schlecht. Prinzipiell ließ er sich gut gucken. Aber man hätte einfach noch mehr draus machen können.

Freitag, 14. September 2012

Satan's Braten

Hier noch mal eine nicht ganz so kleine Geschichte, die aus einer Aufgabe meiner Schreibgruppe heraus entstanden ist. Mein Schlagwort war "Satansbraten". Ich habe es allerdings etwas anders interpretiert:
„Okay, die Vorspeise hat ihm schon mal nicht geschmeckt“, polterte Unterster Unterteufel 237 durch die Schwingtür in die Küche. „Ich hoffe, du reißt das beim Hauptgang wieder raus. Ich habe nämlich keine Lust, dir heute Abend im Fegefeuer Gesellschaft zu leisten.“
Er blickte sich in der Küche um, aber Unterster Unterteufel 402 war nirgends zu sehen.
„Was zum Geier?“ wunderte er sich. Da hörte er ein Schluchzen, das von irgendwo unter dem Tresen zu kommen schien. Er bückte sich und sah Untersten Unterteufel 402, der eingequetscht zwischen Herd und Wand in der Ecke saß und heulte.
„Was machst du da?“ fragte er und kroch unter dem Tresen durch. „Er wartet auf seinen Hauptgang. Und du weißt, dass er Warten hasst.“
Unterster Unterteufel 402 fing nur noch stärker an zu heulen.
Unterster Unterteufel 237 fluchte. „Verdammt, du bringst uns noch in …“ Er stockte. Er hatte sagen wollen in Teufels Küche. „Was ist denn eigentlich los?“
Unterster Unterteufel 402 sah ihn aus seinen verheulten Augen an und brachte zwischen zwei Schluchzern hervor „Er ist weg.“
„Wer ist weg?“ fragte Unterster Unterteufel 237.
Unterster Unterteufel 402 holte tief Luft und stieß dann heulend hervor: „Der Hauptgang. Er ist weg. Ich war nur mal ganz kurz draußen und als ich wieder kam war er weg. Irgendjemand hat ihn geklaut und jetzt werde ich in irgendeiner der unteren Höllen landen, in einer von den wirklich schlimmen. Vielleicht in der, wo sie dir alle Haare am Körper ausreißen. Einzeln. Und erst aufhören, wenn du komplett kahl bist.“ Er blickte entsetzt auf seinen stark behaarten Körper hinunter. „Oder in die eiskalte Hölle. Oder“, er packte Untersten Unterteufel 237 an der Schulter, „oder in der Justin Bieber Hölle. Er wird mich doch nicht in die Justin Bieber Hölle stecken?“
Unterster Unterteufel 237 schüttelte seine Hand ab. „Nein, die ist nur für die Eltern von pubertierenden Teenagern. Und jetzt hör auf zu flennen und sag mir, was wir jetzt machen sollen. Kannst du nicht noch schnell was zaubern?“
Unterster Unterteufel 402 warf die Hände in die Luft. „Und ihm etwas anderes servieren als auf der Karte steht?“ Er heulte schon wieder.
„Besser als ihm gar nichts zu servieren“, warf Unterster Unterteufel 237 ein.
„Aber ich hab nichts da“, Unterster Unterteufel 402 war jetzt dazu übergegangen, seine Hände zu kneten als wären sie ein Hefeteig. „Ich hab nichts vorbereitet, nichts was so schnell fertig wäre. Alles bräuchte mindestens eine Stunde. Unmöglich das hinzukriegen, ohne dass er nicht 50 Minuten vorher hier reinstürmt und wissen will, wo sein Essen bleibt.“
„Wie wärs mit kalter Küche?“ fragte Unterster Unterteufel 237.
„Kalte Küche?“ Bist du verrückt? Das hier ist die Hölle.“
Da war was dran. Unterster Unterteufel 237 fing an rastlos hin- und herzulaufen. Vom Herd zum Kühlschrank, vom Kühlschrank zum Tresen und wieder zurück. Dabei murmelte er vor sich hin. „Warum heute Abend? Warum ausgerechnet heute Abend? Morgen ist mein freier Tag. Wenn ich das dämliche Arschloch erwische, der wird in seinem Leben nach dem Tod nicht mehr froh.“
Er überlegte, wer so verrückt gewesen sein konnte, ausgerechnet Satans Abendessen zu stehlen. Klar war auf jeden Fall, dass er ihn erwischen musste und sei es nur, um ihm heimzuzahlen, dass er ihm seinen freien Tag so gründlich versauen würde. Er hatte ihn damit verbringen wollen, hauptsächlich nichts zu tun und zum Nachmittag hin vielleicht ein paar böse Buben ein bisschen zu foltern. Sicher aber nicht damit, selbst gefoltert zu werden. Und darauf lief es jetzt wohl hinaus.
In diesem Augenblick betrat Unterster Unterteufel 816 die Küche. Er trug die leicht angewiderte Miene zur Schau, die er immer aufsetzte, wenn er mit einem der anderen Untersten Unterteufel sprach. Er hielt sich für was Besseres und hoffte jeden Tag, endlich zum Unterteufel aufzusteigen, um mit dem niederen Abschaum nicht mehr so viel zu tun haben zu müssen.
In gestelztem Tonfall sagte er: „Könntet ihr mir freundlicherweise sagen, was ihr hier treibt? Seine Bösartige Fürstlichkeit hat bereits zweimal nach seinem Essen gerufen. Er wird langsam ungehalten.“
Unterster Unterteufel 237 bekam einen roten Kopf. Wenn er diesen eingebildeten Fatzke nur reden hörte, mit seiner pseudo-aristokratischen Art und diesem Gesichtsausdruck als hätte er einen Strauß Wiesenblumen unter der Nase. Von wegen Seine Bösartige Fürstlichkeit wurde ‚langsam ungehalten‘. Der Oberste Teufel wurde nicht ungehalten. Ungehalten war was für Weicheier mit parfümierten Taschentüchern. Satan wurde stinksauer und wenn Satan stinksauer wurde, dann Gnade dem Beelzebub, der dafür verantwortlich war.
„Also?“ fragte Unterster Unterteufel 816. „Was ist jetzt? Wo bleibt der Hauptgang? Ihr wollt mir doch nicht etwa sagen, dass ich jetzt rausgehen muss, um seiner bösartigen Fürstlichkeit zu sagen, dass ihr sein Essen noch nicht fertig habt.“
Unterster Unterteufel 237 öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, überlegte es sich dann anders und nahm stattdessen seine Wanderung durch die Küche wieder auf, wobei er deutlich vernehmbar mit den Zähnen knirschte.
Unterster Unterteufel 402 reagierte überhaupt nicht. Er hatte seinen Kopf in seinen Händen vergraben und weinte, während er rhythmisch vor und zurück schaukelte.
Unterster Unterteufel 816 blickte irritiert von einem zum anderen. Er konnte solch ein disziplinloses Verhalten nicht verstehen. Kein Wunder, dass er sich den anderen Untersten Unterteufeln überlegen fühlte, hatte er doch als einziger etwas, dass Selbstbeherrschung gleichkam.
Er räusperte sich, um wenigstens ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit zu erlangen. „Ich bin wirklich nicht her, um eure Arbeit zu erledigen. Wie schwierig kann es denn bitte sein, einfach etwas in einen der Superhöllenschnellkochtöpfe zu werfen und seiner bösartigen Fürstlichkeit zu servieren. Es ist schließlich nicht so, als würde er darauf bestehen, dass das Fleisch nur halb durch ist oder als würden ihn die Gewürze tatsächlich interessieren, die ihr immer zu eurem eigenen Vergnügen verwendet. Das hier ist die Hölle, lieber Luzifer, und nicht einer dieser schicken Gourmettempel, die sie auf der Erde haben. Ich sehe also wirklich nicht, wo das Problem ist.“
Er war so vertieft in seine Standpauke, dass er nicht mitbekam, dass Unterster Unterteufel 237 stehengeblieben war und ihn mit großen Augen und einem seligen Grinsen anstarrte, als sei ihm gerade ein Licht aufgegangen. Erst als er ihm auf die Schulter schlug, ausrief „Du hast völlig recht!“ und ihn packte, begann Unterster Unterteufel 816 aus seiner rechtschaffenen Empörung aufzutauchen. Da war es aber schon zu spät.
Unterster Unterteufel 237 hob ihn mit dem rechten Arm hoch, während er mit der linken Hand die Klappe des 27-Sekunden-Bräters öffnete. Dabei ignorierte er sowohl die Protestschreie von Unterstem Unterteufel 816 wie auch die halbherzige Empörung von Unterstem Unterteufel 402, der den 27-Sekunden-Bräter nie benutzte, weil er ihn für unter seiner künstlerischen Würde als Satans Gourmetchef hielt. Er warf Untersten Unterteufel 816 ins Bratrohr, schlug die Klappe zu und betätigte den großen, roten Startknopf auf der Vorderseite.
Mit einem lauten Röhren und einer Stichflamme, die die letzten Schreie von Unterster Unterteufel 816 abrupt abschnitt, setzte sich der Bräter in Gang. Fasziniert starrte Unterster Unterteufel 237 auf das Inferno hinter der Glasscheibe, bis 27 Sekunden später ein lautes Ping das Ende des Bratvorgangs verkündete. Er öffnete die Klappe und entnahm den Braten, der bis vor 27 Sekunden noch Unterster Unterteufel 816 gewesen war. Er packte ihn auf eine Platte, sparte sich die Mühe irgendwelcher Garnierung und trug den Hauptgang durch die Schwingtür in Richtung von Satans Speisesaal. Hinter ihm blieb ein verzweifelter Unterster Unterteufel 402 zurück, der, während er an der Wand hinab erneut in eine kauernde Position rutschte, etwas von Kunst des Kochens, Rosmarin und Radieschenröschen brabbelte.
Noch nie hatte Satan sein Abendessen so gut geschmeckt.

Montag, 10. September 2012

Adaptation Reloaded

10 Jahre zu spät (der Film kam immerhin schon 2002 heraus) habe ich es Samstag endlich geschafft, „Adaptation“ zu gucken. Und ich muss sagen, ich habe die letzten 10 Jahre was verpasst. Gerade aus der „Ich versuche auch zu schreiben“-Perspektive ist der Film wirklich empfehlenswert (aber auch für alle anderen) und dabei auch noch ziemlich lustig.
Der Film basiert auf dem Buch „Der Orchideendieb“ von Susann Orlean, welches die wahre Geschichte von John LaRoche erzählt, der dafür verhaftet wurde, dass er in Florida illegal wildwachsende Orchideen gepflückt hat. Charlie Kaufman, der auch für „Being John Malkovich“ verantwortlich war, hat das Drehbuch und sich gleich mal selbst in den Film geschrieben – und das auch noch doppelt.
Im Film verzweifelt die Figur Charlie Kaufman an dem Versuch, dieses Buch für die Leinwand zu adaptieren, denn zu einem sehr großen Teil handelt es leider nur von eben den Pflanzen, die auch im Titel vorkommen: Orchideen. Nach seinem Erfolg mit „Being John Malkovich“ will er etwas Großes, Bedeutendes und Existenzielles schaffen. Er kommt nur leider einfach nicht voran, findet keinen Zugang zum Material und hat keine Ahnung, wie er aus den zahlreichen Passagen über Orchideen überhaupt genug Material für einen abendfüllenden Film herausholen soll. Und das alles während sein Zwillingsbruder Donald aus reiner „Ich habe keine Ahnung, was ich mit meinem Leben machen soll“-Attitüde heraus mal eben so beschließt, jetzt auch Drehbuchautor zu werden und (nach dem Besuch eines Wochenend-Schreibworkshops mit Robert McKee – seines Zeichens Drehbuch-Guru, der seit diesem Film in seinen Workshops immer erwähnt, dass er nicht per se gegen eine Erzählstimme im Film ist, auch wenn Charlie Kaufman das behauptet) gleich erst mal einen Blockbuster raushaut.
Allein diese Idee, den gesamten Schreibprozess inklusive Schreibblockaden, Selbsthass und Verzweiflung als Teil des Films mit einzuarbeiten ist einfach nur klasse. Man fragt sich automatisch, was davon könnte tatsächlich passiert sein und was ist reine Erfindung. Kaufman hatte wohl wirklich ziemliche Probleme beim Schreiben, allerdings gehe ich nicht davon aus, dass er stattdessen seine Zeit wirklich mit – dezent ausgedrückt – andauernder Selbstbefriedigung verbracht hat. :o) Und zumindest beim Schluss kann man sich schließlich ganz sicher sein, dass er erfunden ist. Warum? Das wäre zu viel verraten.
Donald gibt es übrigens im Gegensatz zu Charlie nicht wirklich (wobei es den Charlie Kaufman wie er im Film porträtiert wird natürlich auch nicht gibt). Trotzdem wird er im Abspann des Films als Co-Autor genannt, wurde in dieser Funktion für den Oscar nominiert und hat sogar seine eigene Seite auf IMDB (auf der man leider gleich sieht, dass es ihn nicht wirklich gibt). Gespielt werden beide von Nicholas Cage, der hier eine Performance abliefert, dass man sich wieder einmal fragt, wie viel Geld Hollywood wohl für solchen Schrott wie Ghost Rider zahlt. Es muss eine ganze Menge sein, denn irgendeinen plausiblen Grund muss es schließlich geben, warum er sich immer wieder dazu entscheidet, so unglaublich schlechte Filme zu machen, wenn man hier doch genau sehen kann, wozu der Mann eigentlich fähig ist. Einfach nur großartig. Und auch Meryl Streep und Chris Cooper (der völlig verdient den Oscar für die Beste Nebenrolle bekommen hat) sind wirklich toll.
Wer es also wie ich in den 10 Jahren seit Erscheinen des Films, aus welchen Gründen auch immer, noch nicht geschafft hat, ihn zu gucken, der sollte das auf jeden Fall nachholen. Und alle anderen: Warum hat keiner was gesagt?

Mittwoch, 5. September 2012

Thomas Coraghessan (T. C.) Boyle

First you have nothing, and then, astonishingly, after ripping out your brain and your heart and betraying your friends and ex-lovers and dreaming like a zombie over the page till you can't see or hear or smell or taste, you have something. Something new. Something of value. Something to hold up and admire. And then? Well, you've got a jones, haven't you? And you start all over again, with nothing. (aus “This Monkey, My Back”)

T. C. Boyle hat mit 17 Jahren beschlossen, seinen zweiten Vornamen von John in Coraghessan zu ändern. Und ich finde, das allein sagt schon viel über ihn aus, denn selbst wenn man in Betracht zieht, dass es der Name eines irischen Vorfahren mütterlicherseits war, so wäre er wohl für die meisten Teenager nicht die erste Wahl gewesen. Seinen Highschool-Abschluss hat er nur gerade so geschafft, im Studium aber seine Leidenschaft für die Literatur entdeckt und bereits seit 1978 (da war er übrigens gerade mal 30) unterrichtet er als Professor für Englische Literatur an der Universität von Südkalifornien. Bedenkt man, dass er zwischendurch noch eine „Karriere“ als Drogensüchtiger gemacht hat, bevor er das Heroin als Mittel der Sucht durch das Schreiben ersetzt hat, ist das schon ziemlich beeindruckend. In den 33 Jahren seit Veröffentlichung seines ersten Buches hat er insgesamt 13 (demnächst 14) Romane und viele, viele Kurzgeschichten herausgebracht. Sein neuester Roman „San Miguel“ wird nächste Woche erscheinen.

Soviel zu den Fakten. Für mich ist T. C. Boyle, einfach gesagt, einer der besten Schriftsteller unserer Zeit. Sollte ich ihm irgendwann einmal begegnen, muss ich es wohl wie Wayne und Garth machen, als sie zum ersten Mal Alice Cooper treffen (siehe hier). Denn das was ich, um ganz ehrlich zu sein, meistens empfinde, wenn ich seine Bücher lese, ist schlicht und ergreifend Ehrfurcht. Hört sich doof an, ist aber so.

Hauptsächlich Ehrfurcht vor seiner Fähigkeit mit Sprache umzugehen und vor den Charakteren, die er erschafft. Seine Charaktere sind nie stereotyp oder einseitig. Sie sind auch im Grunde nicht entweder gut oder böse (wobei manche Charaktere natürlich sympathischer sind als andere). Sie sind überzeugt von etwas. Sie haben Meinungen, haben einen Glauben oder eine Agenda und diese verfolgen sie auf Teufel komm raus und manchmal ohne Rücksicht auf Verluste. Es gibt keine Helden in Boyles Büchern, es gibt Menschen. Und die fühlen sich verdammt echt an. Wie z. B. der Umweltaktivist aus „A Friend of the Earth“, dessen einziges Ziel die Rettung des Planeten ist und der dafür im Endeffekt sein einziges Kind opfert. Ich persönlich konnte ihn wirklich nicht leiden (um ehrlich zu sein, ich habe ihn von Anfang an gehasst) und so ziemlich alles, was er getan hat, wäre für mich nie in Frage gekommen, aber von seinem Charakter ausgehend war es von vorne bis hinten nachvollziehbar und logisch, warum er handelt wie er handelt. Teilweise schwer zu verdauen, aber logisch.

Der andere Punkt, der jeden von Boyles Romanen für mich besonders macht, ist die Sprache. Die Sprachmelodie ist genau das: melodisch – und durchaus poetisch. So wie er die Dinge beschreibt, klingt Alltägliches oder sogar Grausames irgendwie schön, selbst ein überfahrenes Eichhörnchen am Straßenrand. Ich kann es wirklich nicht beschreiben, am besten mal selber lesen. Und seine Fähigkeit, beim Wechseln der Perspektive Rhythmus und Wortwahl komplett zu verändern und an die jeweilige Figur anzupassen ist unglaublich. Ein sehr schönes Beispiel dafür: „When the killing is done“.

Was ihn darüber hinaus einfach sympathisch macht: Anders als viele, die Literatur als mystische Kunst verstehen, deren einziger Zweck es ist, analysiert und theoretisch erschlossen zu werden, sieht er Literatur als Unterhaltung und stellt sie auf eine Stufe mit Musik oder Film. Er sagt, wenn du jemanden brauchst, der zwischen dem Autor und dem Leser vermittelt, weil die Geschichte es nicht schafft, den Leser zu packen, dann hilft alles nichts. Mich hat er auf jeden Fall gepackt.

Wer erst einmal klein anfangen will, dem empfehle ich zum Einstieg die Kurzgeschichte „I dated Jane Austen“, die vielleicht nicht zum Besten gehört, was er je geschrieben hat, aber auf jeden Fall zum amüsantesten, wenn er Jane und ihre Schwester Cassandra mit seinem Alpha Romeo abholt und erstmal mit ihnen ins Kino geht.

Donnerstag, 30. August 2012

NICHT Christine

Heute gibt es zur Abwechslung mal etwas, das meiner eigenen Feder entsprungen ist. Ich hoffe, ihr habt Spaß beim Lesen:

Ich erinnere mich noch gut an den Tag, als mein Vater den Oldtimer gekauft hat. Es war ein heruntergekommener 68er Plymouth Fury. Genau die Art Auto, die in Stephen King’s Roman „Christine“ vorkommt. Danach hatte ich wochenlang Alpträume und versuchte irgendwelche Veränderungen an meinem Vater festzustellen. Ich wollte vorbereitet sein, sollte sich herausstellen, dass das Auto ihn benutzen will, um uns alle zu töten. Aber falls es irgendwelche magischen Kräfte besaß, die Familienväter in mordende Bestien verwandeln und schlimme Akne verschwinden lassen konnten, dann haben sie sich nie gezeigt. Was vielleicht auch daran lag, dass mein Vater das Auto, anders als der Protagonist King’s Geschichte, nicht zärtlich mit einem Frauennamen bedachte, sondern es, nachdem sich herausstellte, wie viel Zeit und Geld es kosten würde, es wieder herzurichten, nur noch „die Karre“ nannte. Ich habe ihm im Spaß mal vorgeschlagen, er könnte es doch wie im Buch einmal mit Rückwärtsfahren versuchen und sehen, ob sich das Auto von allein wieder instand setzte. Zu diesem Zeitpunkt stand „die Karre“ bereits einige Monate in unserer Garage und ich träumte längst nicht mehr davon, dass sie plötzlich zum Leben erwachte und sich ihre Motorhaube als grausiger Schlund mit Reißzähnen herausstellte. Mein Vater fand die Idee nicht besonders lustig, allerdings sah er mich dabei mit einem Gesichtsausdruck an, dass ich fast schwören könnte, dass er es tatsächlich einmal ausprobiert hatte.
Jetzt blockierte „die Karre“ also unsere Garage, abgesehen von vereinzelten Samstagnachmittagen im Abstand von etwa zwei Monaten, wenn mein Vater sich vornahm, endlich richtig viel Zeit reinzustecken und sie dann für gutes Geld zu verkaufen. Natürlich hielt dieser Vorsatz bestenfalls bis Sonntagnachmittag, wenn „die Karre“ wieder für weitere zwei Monate in der Garage verschwand. Meine Mutter war nur noch angenervt. Vor allem, weil jetzt unsere beiden funktionierenden Autos die Einfahrt zuparkten. Die Situation führte zu unablässigen Diskussionen zwischen meinem Vater und meiner Mutter, die alle zwei Monate darin gipfelten, dass – ihr ahnt es schon – mein Vater „die Karre“ aus der Garage holte und einen Samstagnachmittag lustlos daran herumbastelte.
Dieser für uns alle unbefriedigende Zustand erstreckte sich über etwa zwei Jahre. Dann hatte meine Mutter meinen Vater endlich weich geklopft oder er hatte einfach keine Lust mehr. Er fuhr „die Karre“ aus der Garage und stellte sie mit einem „Zu verkaufen“-Schild auf unserem Rasen ab. Zwar war meine Mutter nicht viel glücklicher darüber, dass dieses „schrottreife Monster“ wie sie „die Karre“ immer nannte, jetzt gut sichtbar für alle Nachbarn auf unserem Rasen stand, aber sie hoffte einfach, dass sich möglichst schnell ein Dummer finden würde (ihre Worte, nicht meine), der es kaufte. Leider war dem nicht so. Die Tage und Wochen vergingen und sie war fast so weit, meinem Vater vorzuschlagen, das „schrottreife Monster“ doch einfach zum nächsten Schrottplatz zu fahren und es dort bei seinesgleichen zu lassen, als es an unserer Tür klingelte.
Vor uns stand ein etwa 20-jähriger junger Mann mit sehr schlimmer Akne, der fragte, wie viel wir denn für „das Prachtstück“ auf unserem Rasen haben wollten. Mein Vater knöpfte ihm nur unwesentlich mehr dafür ab, als er selbst dafür bezahlt hatte und „der Dumme“ nahm das Auto mit und hatte dabei den glückseligen Gesichtsausdruck der Unwissenden, die glauben sie hätten ein Wahnsinns-Schnäppchen gemacht. Ich bin mir sicher, noch in derselben Nacht hat er das mit dem Rückwärtsfahren ausprobiert. Das Gesicht hätte ich zu gerne gesehen.

Montag, 27. August 2012

Schneewittchen²

Das letzte Jahr war ja das Jahr der Schneewittchen-Verfilmungen. Neben „Mirror Mirror“, bei dem die Geschichte mal zur Abwechslung aus der Perspektive der bösen Königin erzählt wird, gab es auch noch „Snow White and the Huntsman“, bei dem sich zusätzlich zum Prinzen und den Zwergen auch noch ein Jäger um Schneewittchens Wohlergehen bemüht. Zwei Filme, die außer der grundlegenden Story und dem Versuch, diese Story neu und anders zu erzählen, nicht wirklich etwas miteinander zu tun hatten.

„Mirror Mirror“ war … wie soll ich es ausdrücken … BUNT. Bunt und quietschig und überdreht und sehr künstlich, mit Sahnebaiser-Kleidern und Frisuren, die teilweise stark an Marge Simpson erinnerten. Mit durchaus lustigen Dialogen (wenn z.B. die Königin überlegt, warum sie Schneewittchen nicht leiden kann und schließlich darauf kommt: „Ich weiß, was es ist. Es sind die Haare. Ich hasse deine Haare.“ Mal ganz ehrlich, welche Frau kennt das nicht. :o)), mit einem nervigen, weinenden Prinzen, aber immerhin echten Zwergen und einer Bollywood-Tanznummer am Schluss, die ich persönlich klasse fand.

„Snow White and the Huntsman“ war nicht bunt, sondern optisch eher düster und hat bei allem geklaut, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Der Brückentroll erinnerte stark an einen etwas abgewandelten King Kong, der sich verflüssigende Spiegel der bösen Königin an den bösen Terminator aus „Terminator II“, die Szene mit dem Hirsch rief bei mir Erinnerungen an „Legende“ wach (Tom Cruise-Film von 1985 – man achte auf alle Szenen mit den Einhörnern), bei der Rede, mit der Snow White die Verbündeten zum Kampf ruft, dachte ich an „Braveheart“ (und möchte mich dafür offiziell bei Mel Gibson entschuldigen) und jedes Mal, wenn irgendwelche Gruppen über irgendwelche Ebenen oder Bergketten wanderten war ich sofort bei „Herr der Ringe“. Rupert Sanders, der Regisseur, hatte offensichtlich kein einziges originelles Bild im Kopf. Vielleicht war er auch einfach zu sehr mit dem Techtelmechtel mit seiner Hauptdarstellerin beschäftigt.

Apropos Hauptdarstellerin: Lily Collins als Schneewittchen war zumindest niedlich und entsprach dem, was man sich unter Schneewittchen so vorstellt: hübsch, blasse Haut, schwarze Haare, große Kulleraugen und dann rettet sie auch noch den Prinzen statt umgekehrt. Kirsten „Hackfresse“ Stewart (ja, ich mag sie NICHT) war blass. Und das in jeder Beziehung. Schwarze Haare und Kulleraugen hat man allerdings vergeblich gesucht. Zudem sah sie dadurch, dass sie in wirklich jeder Einstellung den Mund offen hatte und ihre Vorderzähne nicht gerade ‚petite‘ sind, aus wie ein Kaninchen, das aufgrund einer schweren Erkältung nicht durch die Nase atmen kann.

Ich kann keinen der beiden Filme wirklich empfehlen, aber müsste ich mich zwischen diesen beiden entscheiden, dann fiele meine Wahl auf „Mirror Mirror“, einfach deshalb, weil er teilweise so nett abgedreht war und ich mich weniger gelangweilt habe.

Für einen wirklich anderen Blick auf Schneewittchen empfehle ich stattdessen die Kurzgeschichte „Snow, Glass, Apples“ von Neil Gaiman (ich sagte ja schon: Lieblingsautor), der aus Schneewittchens Haut „weiß wie Schnee“ und ihren Lippen „rot wie Blut“ mal ganz andere Schlussfolgerungen gezogen hat. Aber Achtung: Seine Variante der Geschichte ist für Kinder nicht geeignet!

Montag, 20. August 2012

Good Omens – das Hörbuch (OV)

Heute möchte ich ein bisschen über „Good Omens: The nice and accurate prophecies of Agnes Nutter, Witch“ von Terry Pratchett und Neil Gaiman schreiben, welches ich letztens als Hörbuch im englischen Original gehört habe. Ich weiß, das Buch ist schon eine Weile draußen, das Hörbuch aber noch gar nicht so lange und für mich war es jetzt eh neu.

Während ich zugeben muss, dass ich mit Terry Pratchett nicht immer ganz so viel anfangen kann, gehört Neil Gaiman bereits seit Sandman-Zeiten zu meinen absoluten Lieblingsautoren. Also dachte ich, die Mischung machts und das sollte ich mal ausprobieren. Und da ich seit letztem Jahr ein Audible-Abo habe, wurde das Ganze als Hörbuch gekauft.

Zur Story: Der Antichrist wurde geboren und soll nun gegen den Sohn des amerikanischen Botschafters in Großbritannien ausgetauscht werden und als dieser auf der Erde aufwachsen, damit er später, wenn die Zeit für Apokalypse, Armageddon usw. gekommen ist, zur Stelle ist, um das Heft in die Hand zu nehmen und die Horden der Hölle zum Sieg zu führen. Dumm nur, dass beim Neugeborenentausch im Krankenhaus zu viele Neugeborene vertauscht werden und als das Ende der Welt endlich vor der Tür steht, ist der Junge (mit dem schönen und so unverdächtigen Namen Warlock), den alle für den Antichristen halten, ein ganz normaler 11-jähriger, der auch nach 11 Jahren konstanter Beeinflussung durch die Mächte von UNTEN (und das verzweifelte Gegenhalten der Mächte von OBEN) nicht viel Teuflisches an sich hat.

Währenddessen wächst der echte Antichrist idyllisch auf dem Land auf und hat keine Ahnung, wer er eigentlich ist. Das macht es für den Engel Aziraphael und den Dämon Crowley, die sich nach mehreren Jahrhunderten mit ihrem gemütlichen Leben auf der Erde mehr als arrangiert haben und daher gemeinsam versuchen wollen, die Apokalypse zu verhindern, schwierig, ihn noch vor den vier Reitern der Apokalypse (die entsprechend des modernen Settings jetzt die vier Biker der Apokalypse sind) oder anderen Beteiligten zu finden.

Und was hat das jetzt mit Agnes Nutter zu tun? Die hat alle Ereignisse, die zum Ende der Welt führen bereits im 17. Jahrhundert akurat und völlig richtig vorausgesagt, nur leider in einer Art und Weise, dass man immer erst dann versteht, was sie eigentlich sagen wollte, nachdem es bereits passiert ist.

Ganz allgemein kann ich sagen, dass ich mit dem Hörbuch eine Menge Spaß hatte. Die beiden Autoren warten mit jeder Menge kruder, oft sehr charmanter Details (einer der Reiter … pardon … Biker der Apokalypse ist jetzt Pollution, weil sich Pestilence 1936 nach Erfindung des Penizillin zur Ruhe gesetzt hat) und durch und durch abstrusen Charakteren auf, ohne jedoch die Handlung aus den Augen zu verlieren. Manchmal erkennt man die Bedeutung für die Geschichte zwar erst im Nachhinein, aber man erkennt sie immer noch früh genug. Schön, manchmal übertreiben die Beiden ein bisschen, wenn beispielsweise detailliert der Charakter einer Figur beleuchtet wird, die im Endeffekt nur dazu dient, anderen wirklich wichtigen, handelnden Protagonisten den Weg zu weisen. Vielleicht ist das aber auch Absicht.

Stephen Briggs als Sprecher (ist er übrigens auch für alle anderen Terry Pratchett Bücher) macht einen von vorne bis hinten hervorragenden Job. Betonung und Modulation sind durchweg passend und es wird niemals langweilig. Die einzelnen Charaktere lassen sich sehr gut auseinanderhalten und besonders seine Interpretation von War ist gelinde gesagt großartig. Vielleicht versuche ich doch noch mal ein anderes Terry Pratchett-Hörbuch. Die Kombi Pratchett und Briggs scheint mir vielversprechend.

Wer also des Englischen ein bisschen mächtig ist, dem kann ich das Hörbuch nur ans Herz legen. Es ist allerdings nicht dafür geeignet, es abends zum Einschlafen zu hören, da man stattdessen gerne noch eine Runde wach bleibt, um zu wissen wie es weitergeht. Etwaige Mitschläfer könnten sich außerdem wundern, warum man im Dunkeln im Bett liegt und lacht. Aber das sind Nebenwirkungen, die man gerne in Kauf nimmt.

Donnerstag, 16. August 2012

Bloggen die Erste

Hallo!

Ja, ich weiß. Noch ein Blog??? Wirklich? Braucht doch keiner. Macht nix. Ich machs jetzt trotzdem. Einfach, weil ichs schon so lange machen will und dann trotzdem nie den Absprung geschafft habe. Hauptsächlich deshalb, weil ich immer ewig und drei Tage darüber nachgedacht habe, worüber ich denn eigentlich schreiben will. Das habe ich auch dieses Mal gemacht und dann beschlossen: Egal!!! Machste jetzt einfach. Ihr könnt ja einfach weglesen. (Ich bin schon niedlich - gehe davon aus, dass ich tatsächlich Leser habe. :o)) Oder lest halt mal rein und vielleicht wirds ja doch ganz lustig. Oder lest rein, beschließt, dass es doch nicht lustig ist und lest dann weg. Geht ja alles.

Worüber ich überhaupt schreiben will? Hauptsächlich über Bücher, Filme, die Qual, die damit einhergeht, wenn man selbst versucht ein Buch oder ein Drehbuch zu schreiben (und sich alle zwei Sekunden fragt, warum man sich das überhaupt antut und ob die Rohfassung bei anderen wohl genauso schlecht ist), über Schreiben im Allgemeinen und über ein bisschen NaNo im Besonderen. Was ist der NaNo? Siehe hier. Im Grunde über alles, was irgendwie mit Geschichten zu tun hat und dem Versuch, sie zu erzählen.

Ich fange mal mit einem Film an:

Der letzte Film, den ich im Kino gesehen habe war Prometheus und so ungefähr bis zur Hälfte fand ich ihn sogar ganz unterhaltsam. Die Bilder waren toll und Michael Fassbender war auf eine widerliche, aber großartige Weise gruselig.

Allerdings musste man Dinge wie Logik und die Frage "Würde der jeweilige Charakter jetzt wirklich so handeln? Und wenn ja, warum handelt er beim nächsten Mal komplett anders?" komplett ausklammern. Beispiel gefällig? Würde ein Xeno-Biologe (oder was auch immer er war) angesichts schon lange toter Aliens (und nein, ich meine nicht Aliens-Aliens) komplett ausrasten und beschließen, dass er mit der ganzen Sache nichts weiter zu tun haben will, nur um wenig später zu versuchen mit einer Art außerirdischem Wurm (wohlgemerkt: einem Wurm, der so lang ist wie sein Unterarm) quasi anzubändeln, inklusive dem Versuch, ihn unterm Kinn zu kraulen? Schon wirklich lange tote Aliens = AAAARRRRGGGHHH!!!, lebender, unterarmlanger Alien-Wurm = Och, du bist ja niedlich, komm her Schnuckiputz? Hmmm?

Ab ungefähr der Mitte wich meine "So schlecht isses ja gar nicht"-Einschätzung dann endgültig verschiedenen Empfindungen, die von "Echt jetzt?" über "Ja ne, is klar!" bis hin zu "Ihr wollt mich wohl verarschen???" reichten. Eine hanebüchene Story, völlig dämlich handelnde Charaktere (erinnert ihr euch noch an den kollektiven Aufschrei, wenn im Horror-Film jemand die Treppe zum Dachboden raufgeht, um nachzuschauen, was da oben so merkwürdige Geräusche macht - so dämlich!!!) und absolut lächerliche Aliens (ja, auch Aliens-Aliens). Und ja, ich weiß, das Ende soll eine Hommage an den ersten Teil sein. Aber jetzt mal ehrlich, das musste doch nicht sein? Wie gesagt: Tolle Bilder und Michael Fassbender zwar genauso unlogisch wie alle anderen Charaktere, aber das auf eine abgefahren gruselige Art und Weise. Aber der Rest war IMHO einfach nur Quark, den der gute Ridley jetzt mit einer Fortsetzung vom Prequel noch ein bisschen breiter treten will. Ich glaube, da bin ich raus.