Dienstag, 21. Januar 2014

Fuck you, YOLO!!!

Der Drang (oder sollte man schon sagen Zwang?), sein Leben bis zum letzten auszukosten, es wirklich zu ERleben und jede Sekunde eines jeden Tages mit sinnvollem Inhalt zu füllen, hat in letzter Zeit ja Hochkonjunktur. Von dem inzwischen bis zum Erbrechen durchexerzierten „YOLO“ (für alle, an denen dieser Hype vorbeigegangen ist – ihr wenigen Glücklichen – „You Only Live Once“), über „Wir alle haben, zwei Leben. Dein zweites beginnt dann, wenn du realisierst, du hast nur eins“ (und auch wenn es im französischen Original super klingt, ist es im Prinzip dasselbe in grün) bis zu „Lebe jeden Tag als wäre er dein letzter“ wird man quasi überschüttet.

Und jetzt?

Muss ich jetzt ein schlechtes Gewissen haben, weil ich letzten Sonntag mit ungewaschenen Haaren und im Pyjama im Bett verbracht habe und mir nach der dritten Staffel „Sherlock“ (und anschließendem sinnlosen Benedict Cumberbatch-Anschmachten auf Instagram, Youtube und tumblr) auch noch die Teile 2 und 3 von „The Hollow Crown“ (mit anschließendem sinnlosen Anschmachten von Tom Hiddleston auf Instagram, Youtube, und tumblr) reingezogen habe?

Vielleicht kann ich mein Karma damit versöhnen, dass es sich bei Letzterem zumindest um Shakespeare-Verfilmungen handelt, mit denen ich nicht nur mich selbst glücklich gemacht habe, sondern auch noch meinem großen Bildungspuzzle weitere Teile hinzugefügt habe. Natürlich im englischen Original. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Aber wahrscheinlich reicht es trotzdem nicht, oder? Schließlich geht, nach der aktuellen Propaganda (und mal ganz ehrlich, was anderes ist das doch nicht), der Trend dahin, dass ich, um wirklich ein erfülltes Leben zu haben, nicht nur einen erfolgreichen, super interessanten Job brauche (wenn ich es nicht zum Schauspieler, Rockstar oder zumindest Kandidaten im Dschungelcamp gebracht habe, dann sollte es doch mindestens irgendwas mit Medien sein :o)), sondern zudem noch eine ganze Wagenladung Hobbies. Je ausgefallener desto besser. Also erlerne ich – als Ausgleich zum geistig extrem anspruchsvollen „Haikus schreiben zum Thema Quantenphysik“ und der Hardcore-Version von Trivial Pursuit – Makramé und eine alte, beinahe ausgestorbene Maya-Knüpftechnik, während ich meinen Körper mit Zumba und Yoga stähle. Und damit hier keine Unklarheiten aufkommen: mit „ich“ meine ich natürlich „man“.

Und auch die Kirche ist bestimmt nicht begeistert davon, dass sich ein Großteil der westlichen Welt plötzlich auf die Tatsache besinnt (wie es scheint, ja erst seit Neuestem), dass nach dem momentanen Gastspiel Schluss ist. War doch die Aussicht auf eine bessere Existenz nach dem Tod (Leben will da irgendwie nicht passen) schon immer der eine Anreiz, den sich alle Religionen zu Nutze gemacht haben, um ihre Gläubigen im Hier und Jetzt bei der Stange und vor allem ruhig zu halten. Ob nun Paradies, Wiedergeburt als einziger Sohn einer reichen Unternehmer-Familie oder die obligatorischen Jungfrauen, die Botschaft war doch immer die eine: Mach dir nichts draus, dass es jetzt gerade scheiße läuft, wenn du tot bist wird’s richtig super. Natürlich nur, wenn du dich benimmst!

Als andere Seite des Extrems ist das natürlich mindestens genauso dämlich, aber nur weil wir von der „Wenn ich brav bin, werde ich auch belohnt“-Mentalität weggekommen sind, müssen wir doch nicht gleich „Mein Leben soll geil sein und das um jeden Preis“ auf unsere Fahne schreiben. Denn was wenn das mal nicht funktioniert? Wenn der Job gerade einfach scheiße ist, wenn deine Beziehung schon lange keine Schmetterlinge mehr in deinem Bauch tanzen lässt und wenn du als Hobby lieber strickst, anstatt auf Skiern zum Nordpol zu wandern? Was bitte schön machst du dann? Hast du dann versagt?

Ich zumindest verspüre inzwischen öfters das spontane Bedürfnis, Leute mit einem „YOLO“-T-Shirt anzuspringen, sie zu Boden zu werfen, ihnen das Shirt vom Leib zu reißen und vor aller Augen zu verbrennen. Und dabei laut zu rufen: „Fuck you, YOLO!!!“

Samstag, 11. Januar 2014

Der Dieb der Worte


Ich habe letztens „Der Dieb der Worte“ geschaut. Mit Bradley Cooper, Zoe Saldana, Dennis Quaid und (last but not least) Jeremy Irons. Und obwohl ich normalerweise so meine Probleme mit Filmen habe, in denen nicht nur Voice Over sondern auch noch verschiedene Erzählebenen und Rahmenhandlungen vorkommen, hat er mir doch ausgesprochen gut gefallen. Vielleicht liegt das aber auch nur an meiner Perspektive der ebenfalls Schreibenden, dass ich mich in die Figur von Bradley Cooper besonders hinein versetzen konnte. Cooper als Rory Jansen, der versucht als Autor Fuß zu fassen und es lange nicht schafft, bis er eines Tages schließlich doch Erfolg hat, mit einem Buch, von dem aber relativ schnell klar wird, dass er es gar nicht selbst geschrieben hat.

Im Grunde ist das hier kein Spoiler, da, anders als die Kurzbeschreibung des Films suggeriert, nie wirklich in Frage gestellt wird, ob er das Buch nun gestohlen hat oder nicht. Es geht bei dem Film nicht um die Frage, die sich jeder Autor wohl schon einmal gestellt hat: Habe ich abgeschrieben ohne es zu wollen? Bin ich überhaupt authentisch oder ist alles, was ich jemals geschaffen habe doch nur irgendwo abgekupfert?

Stattdessen geht es darum, dass jeder Autor im Grunde seines Herzens genau weiß, wie er klingen möchte. Im eigenen Kopf weiß man, wie sich die Geschichte anhören soll, mehr noch, wie sie sich anfühlen soll. Man weiß genau, welche Art von Autor man sein möchte. Aber wenn es darum geht, dieses Wissen auf Papier zu bannen, stellt man schnell fest, dass es so einfach nicht ist. Die Worte, Sätze und Absätze strotzen vor Unzulänglichkeit. Sie erscheinen stumpf und lieblos und sind nicht in der Lage, die Magie der Geschichte, die wir in unserem Kopf haben und spüren, zu transportieren. Es geht um die Verzweiflung, nicht der Autor sein zu können, der man sein will. Schlimmer noch: Nicht der Mensch sein zu können, der man sein will.

Und wie gut kann ich das verstehen. Den Schmerz, den eigenen Erwartungen nicht zu entsprechen. Egal, wie sehr man es auch versuchen mag. Nicht in der Lage zu sein, das Gefühl, das Wissen darum wie es klingen soll, umzusetzen, sichtbar zu machen für andere als nur einen selbst. Und es trotzdem nicht aufgeben zu können. Nicht aufgeben zu wollen, denn wenn man es aufgibt, wer ist man dann noch? Was bleibt übrig? Nur ein einfacher Mensch unter Millionen. Ein Niemand. Und das kann nicht sein. Zu wissen, dass es irgendwo da ist, in dir selbst, und du kannst es nicht hervorholen. Kein Wunder, dass so viele Schreiberlinge (Künstler jeder Schaffensrichtung) zu Alkohol oder Drogen greifen, um dieses Gefühl zu betäuben. Diesen Schmerz. Um dieses Loch in deiner Brust mit irgendetwas zu füllen. Etwas, das dich zumindest für kurze Zeit vergessen lässt. Dich vielleicht sogar hoffen lässt. Oder dir einfach nur die Möglichkeit gibt, das Gefühl der Verzweiflung für einen kurzen Augenblick zuzulassen, das du normalerweise möglichst tief in dir selbst vergräbst. Denn wenn du dich ihm erst einmal hingegeben hast, wie sollst du dann jemals wieder davon genesen? Wie jemals wieder den Mut aufbringen, es doch weiter zu versuchen? Ich habe keine Ahnung.

Und wenn uns dann diese Chance geboten würde. Ein Manuskript, offensichtlich vor langer Zeit verloren und vergessen. Eine Geschichte, so perfekt und wunderschön, die alles das vollbringt, von dem wir es uns immer gewünscht haben. Die das Gefühl, die Magie, aufs Papier bannt, für jeden sichtbar. Die unser Innerstes nach außen trägt und es für alle offenbart. Auf eine Art und Weise, wie wir selbst es niemals schaffen werden. Würden wir uns nicht auch einreden wollen, dass wir dieses Meisterwerk selbst geschaffen haben. Vor allem, wenn uns von außen auch noch bestätigt wird, dass diese Geschichte genau das ausdrückt, von dem schon immer vermutet wurde, dass es in uns steckt. Wenn wir der Welt damit zurufen könnten: „Seht ihr, genau das habe ich gemeint“? Würden wir es tun? Ich glaube schon. Aber würden wir es auch dann tun, wenn wir damit alles zerstören, was unser Leben sonst noch ausmacht? Würden wir unser Glück eintauschen für den Ruhm. Für die Gewissheit, dass sich die Leute an uns erinnern werden. Dass wir der Welt etwas mitgegeben habe. Etwas von uns. Und was hilft es, wenn wir das nicht mit jemandem teilen können, der uns auch dann geliebt hätte, wenn es uns nicht gelungen wäre? Um unser selbst willen und nicht wegen dem, was wir geschaffen haben. Oder noch schlimmer, nur wegen des Ruhmes, den wir dadurch erlangt haben. Wofür würdet ihr euch entscheiden?

Montag, 1. Juli 2013

Putz, Teufel, putz

Unterster Unterteufel 386 wusste, dass er ein Problem hatte. Das war nicht der Punkt. Es stand sogar völlig außer Frage, dass er ein Problem hatte. Er wäre der erste, der es zugeben würde. Nur dass „Probleme zugeben können“ in der Hölle leider nicht ganz oben auf der Liste der erwünschten Eigenschaften für einen Untersten Unterteufel stand. Um ganz genau zu sein, stand es überhaupt nicht drauf. Und um noch genauer zu sein, gab es so eine Liste gar nicht.
Aber zumindest sich selbst konnte er es eingestehen. Und das tat er auch: Er hatte ein Problem. Ganz klar. Dummerweise änderte das „Problem zugeben“ leider gar nichts am Problem. Welches im Vergleich wahrscheinlich gar nicht mehr als Problem erscheinen würde, wenn erst irgendeiner der anderen Untersten Unterteufel oder, Satan bewahre, einer etwas weiter oben in der Hierarchie davon Wind kriegte. Davon nämlich, dass er jeden Tag, wenn alle anderen schliefen in den Kesselraum, in dem die besonders Bösen auf kleiner Flamme vor sich hin kochten, und in die Folterkammern schlich und … putzte.
Von einem logischen Standpunkt her wusste er ja, dass es völliger Unsinn war und zudem für einen Untersten Unterteufel mehr als nur ein bisschen merkwürdig, dass ihn der ganze Dreck, der in der Hölle nun einmal zum täglich Brot dazu gehörte, in den Wahnsinn trieb. Schließlich war er ein Teufel, Herr Luzifer nochmal, und Teufel, auch ein Unterster Unterteufel wie er, der am untersten Ende der Nahrungskette vor sich hinfolterte, liebten Dreck. Hatten Dreck zu lieben. Und Ruß. Und Asche. Und Schweiß. Und Blut. Und eben alles, was so mit ihrem Tagesgeschäft einherging.
Nur dass er das nun einmal nicht tat. Er hasste alle diese Dinge von ganzem Herzen und es fiel ihm von Tag zu Tag schwerer, seiner normalen Arbeit nachzukommen. Manchmal hielt er es nur deshalb aus, weil er sich in Gedanken einen komplett weiß gefliesten und von oben bis unten desinfizierten Raum vorstellte, in dem sich kein noch so winziger Krümel Dreck verstecken konnte. Ob es wohl möglich war, dass er sich sein Wohnquartier dementsprechend umgestalten ließ, ohne dass allzu viele unangenehme Fragen gestellt wurden?
Für den Moment wäre er ja schon mit Gummihandschuhen zufrieden. Zumindest Gummihandschuhe sollten doch erlaubt sein, wenn man einem der Bösen die Eingeweide aus dem Bauch zog, oder etwa nicht? Immerhin war das eine ziemliche Sauerei. Er hätte, um ganz ehrlich zu sein, für einen Ganzkörper-Schutzanzug plädiert, aber Gummihandschuhe wären ein Anfang. Er hatte einmal bei seinem Chef, Unterteufel 431, nachgefragt, ob es nicht möglich wäre, Gummihandschuhe zu bekommen. Das würde er bestimmt nicht noch einmal machen. Wenn der ihn beim Putzen erwischen würde, na dann guten Tag. Zudem waren inzwischen viele Beschwerden von Benutzern der Folterkammern eingegangen, die sich auf deren plötzliche und unnatürliche Sauberkeit bezogen. Deswegen hatte Unterster Unterteufel 386 die letzten Wochen so gut wie möglich versucht, das Bedürfnis zu putzen zu unterdrücken und hatte nur hier und da mal die eine oder andere Folterkammer quasi grundgereinigt.
Aber heute hatte er es einfach nicht mehr ausgehalten. Immerhin hatte er schon seit fünf Tagen gar nicht mehr geputzt. Außer in seinem Quartier und das war ohnehin so sauber, dass es keinen Unterschied machte. Noch länger konnte er nicht warten. Also war er jetzt, eine knappe halbe Stunde nachdem sich die Hölle für den Tag zum Schlafen niedergelegt hatte, wieder unterwegs zu dem kleinen Einbauschrank, den er entdeckt hatte und den niemand jemals benutzte, weshalb er perfekt dazu geeignet war, seine Sammlung von Putzsachen zu verstecken. Sicherheitshalber hatte er noch ein Vorhängeschloss angebracht. Das Schloss sowie die meisten Putzutensilien hatte er im Internet bestellt, was sogar dann ganz gut funktionierte, wenn man als Lieferadresse: Hölle, 233. Stockwerk von oben, Abschnitt R, Flur 34, Zelle 212 angab. Wahrscheinlich gingen seine Nachbarn davon aus, dass er die neuesten Folterwerkzeuge auf Ebay bestellte. Da gab es ja reichlich Auswahl.
Nachdem er sich mehrmals vergewissert hatte, dass sich niemand in der unmittelbaren Umgebung aufhielt und ihn beobachten konnte, schloss er den Schrank auf. Wie jedes Mal musste er einfach einen Moment dastehen und sein Repertoire bewundern, welches fein säuberlich nach Einsatzzweck geordnet den gesamten Schrank ausfüllte. Da gab es Bürsten, Besen, Staubwedel, Staubtücher aus Micro-Faser, Schrubber, Wischmops, Lappen für nasses Wischen, Lappen zum trocken Nachwischen, Schwämme sowie Fenstertücher und Abstreifer, die dafür sorgten, dass auf glatten Ebenen keine Wischspuren zurückblieben. Natürlich hatte er auch ein ganzes Sortiment von Gummihandschuhen. Er hatte Allzweckreiniger in den Sorten Lemon, Fresh, Lemon-Fresh und Orange Flower, Glasreiniger, Chlorreiniger, Kalkreiniger, Sanitärreiniger, Fliesenreiniger, Fensterreiniger, Industriereiniger, Möbelpolitur und Raumspray. Mit Bio-Reinigern gab er sich gar nicht erst ab. Nur Chemie hatte eine Chance gegen den ganzen Dreck hier unten. Sein ganzer Stolz war das Sortiment an antibakteriellen und desinfizierenden Putzmitteln, die nicht nur sauber machten, sondern auch noch alles abtöteten, was vielleicht sonst noch so da war.
Er gab ein verklärtes Seufzen von sich, strich mit den Fingern liebevoll über einige der Bürsten und Schwämme, und wählte dann für den heutigen Tag einen Schrubber und verschiedene Lappen sowie Allzweckreiniger und Sanitärreiniger, beides mit Zitronenduft, aus. Dann machte er sich auf den Weg. Er machte immer die gleiche Runde. Zuerst fegte und wischte er den Kesselraum, dann ging er weiter zu den Folterkammern, die er der Reihe nach abarbeitete, wobei er sich diejenige mit den Ketten und Haken bis zuletzt aufsparte. Zum einen, weil es am längsten dauerte, bis er all die einzelnen Kettenglieder und die Haken in verschiedenen Größen auf Hochglanz poliert hatte. Zum anderen, weil er sich auf diesen Teil jedes Mal von neuem am meisten freute. Das Polieren all diesen Stahls versetzte ihn oft in einen geradezu meditativen Zustand und ließ ihn sein ganzes schreckliches sonstiges Dasein in der Hölle zumindest für eine kurze Zeit vergessen.
Auch dieses Mal lief alles wie gewohnt, bis er die letzte Folterkammer erreichte. Gerade wollte er nach der ersten Stahlkette greifen, um sie vor dem Polieren in einen Bottich mit Reiniger zu tauchen, als hinter ihm eine Stimme ertönte: „Wusste ich es doch.“
Unterster Unterteufel 386 fuhr herum und erstarrte. Er wollte schlucken, musste aber feststellen, dass auf wundersame Weise jeglicher Speichel aus seinem Mund verschwunden war. Er brachte nichts weiter zustande als ein trockenes Klicken. Dagegen schien es dem Rest seines Körpers nicht an Flüssigkeit zu mangeln. Er brach in Schweiß aus. Vor ihm stand Unterteufel 431. Sein Chef.
„Ich wusste es. Seit dieser Frage nach den Gummihandschuhen, wusste ich, dass mit dir was faul ist. Welcher Unterste Unterteufel, der was auf sich hält, würde sich nicht genüsslich die Finger ablecken, nachdem er sich gerade durch die Eingeweide eines Delinquenten gewühlt hat? Und dann die ganzen Berichte über das Phantom, das tagsüber die Folterkammern putzt. Da hat es bei mir Klick gemacht.“ Unterteufel 431 kam noch einen Schritt näher. „Ich warte schon eine ganze Weile darauf, dich endlich zu erwischen.“ Noch einen Schritt näher. „Du warst vorsichtig, aber ich wusste, früher oder später würdest du weitermachen und ich kriege dich.“ Noch einen Schritt. „Und wie du siehst, hatte ich recht. Also, was soll ich jetzt mit dir machen?“ Unterteufel 431 tat den letzten Schritt und stand jetzt genau vor Unterster Unterteufel 386, der sich seit dem Anfang der Ansprache nicht vom Fleck gerührt hatte. „Hm?“ fragte Unterteufel 431, streckte den Kopf vor und kam ihm dadurch noch ein bisschen näher. „Was soll ich jetzt mit dir machen? Hast du eine Idee?“
Unterster Unterteufel 386 reagierte, ohne genau zu wissen, wie ihm geschah. Er riss die Hand hoch, die die Sprühflasche mit dem Allzweckreiniger hielt und sprühte Unterteufel 431 die Flüssigkeit direkt in die Augen. Dieser schrie auf und schlug die Hände vors Gesicht. Unterster Unterteufel 386 schnappte sich den Schrubber und schlug damit solange auf Unterteufel 431 ein, bis dieser sich nicht mehr rührte. Und nur um sicher zu gehen noch fünf Minuten länger. Als er sich ganz sicher war, dass Unterteufel 431 nicht mehr bei Bewusstsein war, legte Unterster Unterteufel 386 den Schrubber weg, packte Unterteufel 431 an den Beinen und schleifte ihn hinter sich her in den Kesselraum. Dort warf er ihn in einen der unbenutzten Kessel, drehte das Gas bis zum Anschlag hoch und sah zu, wie Unterteufel 431 in kürzester Zeit zu einem nicht identifizierbaren Klumpen Fleisch zerkochte. Danach ging Unterster Unterteufel 386 zurück, um seine Spuren zu verwischen. Nur gut, dass es ihm nicht an Putzzeug mangelte.

Dienstag, 11. Juni 2013

Hangover 3 ohne Hangover

Ja, ich habe es getan und mir "Hangover 3" im Kino angesehen und was soll ich sagen ... ich weiß nicht, was ich sagen soll. Na gut, vielleicht weiß ich es doch. Ich sage: Hä? Und ich sage: Warum? Und ich sage: Was sollte das denn?

Angesichts des Titels und der zwei Vorgänger geht man bei diesem Film mit einer gewissen Erwartungshaltung ins Kino. Man rechnet mit einer fetten Party, von der man aber nur die Nachwirkungen zu sehen bekommt, die darin bestehen, dass die bereits bekannten Protagonisten in verschiedenen Stadien der Zerstörung an einem ihnen unbekannten Ort aufwachen, keine Ahnung haben, wie sie dahin gekommen sind und einer fehlt. Der Rest des Films besteht dann darin, herauszufinden, wie es so weit kommen konnte und wo auf dem Weg sie das verschollene Mitglied der Truppe verloren haben.

So weit, so gut.

Nur haben sie in diesem Teil leider den titelgebenden Hangover weggelassen und stattdessen eine Mischung aus Ocean's Eleven, Shawshank Redemption und [hier beliebigen Action-Film einsetzen] fabriziert, die, ohne Mike Tyson dafür aber mit einigen Toten, nur in Bezug auf die Darsteller etwas mit den ersten beiden Teilen zu tun hat.

Die Story in Kürze: Doug wird von einem Gangsterboss als Geisel genommen, um die anderen drei dazu zu bringen, dass sie Mr. Chow auftreiben, der eben diesem Gangster 21 Millionen Dollar in Gold geklaut hat. Auf dem Weg dahin gibt es neben einer geköpften Giraffe, einem erstickten Hahn, vergifteten Hunden und zugedröhnten Nutten außerdem ein paar per Kopfschuss hingerichtete Gangster.

Ich kann ja durchaus verstehen, dass sich das Original-Thema totgelaufen hat, war doch der zweite Teil bis auf einige wenige Details mit dem ersten identisch. Aber sich im dritten Teil vollständig vom Comedy-Genre zu verabschieden und stattdessen eher einen Action-Film zu machen, verlangt doch etwas zu viel Anpassungsfähigkeit vom Publikum. In Bezug auf meine Erwartungen an Hangover 3 hätte dieser überdreht, absurd, gerne mal eklig und auch durchaus schmerzhaft sein können und auch sollen - aber doch nicht realistisch brutal mit Quasi-Hinrichtungen und getöteten Tieren.

Und dabei kann ich mit der (wohlgemerkt aus Versehen) geköpften Giraffe sogar noch leben. Zwar fand ich auch das sinnlos und nicht wirklich witzig, aber anders als die Szene, in der Chow den Hahn erstickt, war es wenigstens nicht gruselig.

Erst im Abspann sieht man dann ein kleines Stück von dem Film, den man erwartet hatte. Und der machte gar keinen so schlechten Eindruck.

Freitag, 3. Mai 2013

Iron Man 3

Am Montag war ich in der englischen Sneak im Metropolis in Frankfurt. Und nachdem praktisch als erste Filmvorschau 'Star Trek: Into Darkness' lief und der Film somit schon mal raus war (denn wie alle mehr oder weniger regelmäßigen Sneak-Gänger wissen, laufen die Filme, die in der Filmvorschau gezeigt werden, eigentlich nie) lag die Hoffnung der im Kino Versammelten auf 'Iron Man 3'.

Ich hätte ja auch noch mit 'Stoker' leben können, aber was wenn 'Charlie's Welt' gelaufen wäre? Schreckliche Vorstellung!!! Zum Glück wurden die Gebete erhört und noch vor Erscheinen eines Bildes erklang die doch sehr markante Stimme von Robert Downey Jr. Wodurch mir auch gleich erspart wurde, den Film in 3D oder einer gruseligen Synchronisierung schauen zu müssen.

Und was kann ich jetzt zu dem Film sagen? ... Eigentlich so gut wie gar nichts, denn im Grunde wäre jede Information eine Information zu viel; so ziemlich alles fällt in die Kategorie Spoiler. 

Aber ohne was zu verraten: Der Film ist deutlich besser als 'Iron Man 2'. Gut, einige von euch werden jetzt einwenden, dass das ja nicht besonders schwer ist. Und wo ihr recht habt, habt ihr recht. Nichtsdestotrotz ist das durchaus ein beruhigender Fakt (okay, ist kein Fakt, nur meine Meinung, aber wenn die nicht zählt, was dann? :o)).

Was den Rest betrifft so ist Robert Downey Jr. als Tony Stark so wie wir ihn alle lieben, nämlich komplett gaga (auch wenn hier auch mal seine emotionale Seite durchkommt), Jon Favreau als Happy Hogan (ist er eigentlich Hulks kleiner Bruder?) ist einfach zum Knuddeln paranoid, Guy Pearce ist klasse und Ben Kingsley als der Mandarin zum Niederknien gut. Gwyneth Paltrow ist bis auf etwa zwei Minuten genauso langweilig wie immer, aber zumindest stört sie nicht. Und wer Paul Bettany als Jarvis nicht liebt ... raus!

Jede Menge Action, durchaus lustige Dialoge und nette Special-Effects runden das Bild ab. Gut, über den Iron Man-Anzug in Einzelteilen lässt sich streiten, den zwangsamerikanischen Patriotismus muss man einfach übersehen und auf den jugendlichen Sidekick hätte ich auch verzichten können, aber was soll's.

Fazit: Wer den ersten Teil mochte und seit dem zweiten unsicher ist, ob er sich den letzten(?) wirklich antun soll, der sei versichert: den dritten kann man wirklich gut (ohne übermäßige Langeweile und mit nur minimalem Fremdschämen) gucken.

Donnerstag, 2. Mai 2013

Asche auf mein Haupt

Ja, okay, ich gebs zu. Ich war faul.
STINKFAUL!!!! Hat ja keinen Sinn, es zu leugnen.

Mir ist mal wieder das passiert, was mir nach Ablauf des NaNos gerne mal passiert: Ich hatte keine Lust, auch nur noch ein einziges Wort zu Papier zu bringen. Nicht mal zu einem halben war ich in der Lage. Nachdem ich versucht hatte, mir 50.000 aus dem Hirn zu quetschen, und das in einer Geschwindigkeit, für die mein Hirn einfach nicht geschaffen ist, hat selbiges danach zum synapsenweiten Streik aufgerufen. Gerade noch war ich danach in der Lage, mir meine Zähne zu putzen und daran zu denken, Hosen anzuziehen, bevor ich das Haus verlasse. Zum Schuhe binden hat es schon nicht mehr gereicht. Die letzten Monate haben mir gezeigt, dass der Erfindung des Klettverschlusses in der Gesellschaft nicht die angemessene Würdigung zukommt.

Ich bin mir nicht sicher, ob es Sinn macht, wenn ich jetzt Besserung gelobe. Aber ich werde mein Möglichstes versuchen, um nicht noch einmal in so ein Loch zu fallen. Spontan kommt mir dazu in den Sinn: Vielleicht beim nächsten NaNo einfach keine 50.000 Wörter mehr schreiben. Dann stellt sich danach vielleicht auch nicht das Gefühl nach ausgelutschtem Schwamm ein und ich bin auch danach noch in der Lage, etwas zu Papier zu bringen.

Ich kann nur sagen, gut dass ich nicht vom Schreiben leben muss. Das wäre dann echt brotlose Kunst.

Freitag, 23. November 2012

Orbit MIT Zucker

Hier eine weitere Geschichte, die aus einer Schreibgruppen-Hausaufgabe entstanden ist. Ausgangspunkt waren die fünf W: Wer? Was? Wo? Wie? Warum?, die ich mir leider nicht selbst aussuchen konnte, wodurch es zu folgender Ansammlung von Stichworten kam:

Wer: Orbit
Was: Kaugummi
Wo: ohne Zucker
Wie: zahnschonend
Warum: Empfehlung der Zahnarztfrau

Und das habe ich daraus gemacht:

Wie jeden Morgen ging Orbit nur sehr ungern zur Arbeit. Er arbeitete in der größten Kaugummi-Fabrik auf dem Planeten OHNE ZUCKER, in der nur besonders zahnschonender, zuckerfreier Kaugummi hergestellt wurde. Warum fragt ihr? Nun, weil die Frau des neuen Präsidenten, Eleanor Wrigley, von Beruf Zahnärztin war und ihren Mann dazu gedrängt hatte, alle Kaugummis mit Zucker – ja überhaupt alles mit Zucker – per Regierungsbeschluss zu verbieten. Darum! Um es genau zu sagen, hatte der Planet vorher auch nicht OHNE ZUCKER (natürlich in Großbuchstaben) geheißen, sondern Klein-Kaukasus. Das hatte zwar auch keinen Sinn ergeben, da es auf dem ganzen Planeten weit und breit keinen einzigen Russen gab. Das hatte aber niemanden gestört. Die neue Regierung unter Präsident Wrigley hatte den Planeten auf jeden Fall umbenannt und den Namen gleich noch zum planetenweiten Motto erklärt. Ohne Zucker! Alles und jedes gab es jetzt nur noch ohne Zucker. Wer sich eine goldene Nase verdienen wollte, stellte seitdem Mannit, Sorbit, Xylit, Lactit und andere Zuckerersatzstoffe in rauen Mengen her. Sogar Obst wurde der natürliche Fruchtzucker entzogen, um ihn dann durch einen Zuckerersatzstoff zu ersetzen. Seitdem schmeckte alles Obst ziemlich gleich und abgesehen von Form, Farbe und Größe hätte man nicht sagen können, ob man einen Apfel, eine Erdbeere oder eine Wassermelone aß. Es gab sogar mit Zuckerersatzstoffen angereicherte Lebensmittel, die in ihrer Ursprungsversion überhaupt keinen Zucker enthalten hatten – zum Beispiel Steak.

Zumindest Orbit hatte die Nase vom Leben ohne Zucker inzwischen gestrichen voll. Den jüngeren Generationen mochte ihr zuckerfreies Dasein nichts ausmachen, konnten sie sich ja nicht daran erinnern, dass die Süßigkeiten früher nur so vor Zucker gestrotzt hatten und gerade deshalb so unwahrscheinlich köstlich gewesen waren. Mit Wehmut erinnerte sich Orbit an sein letztes Dreifach-Schokoladen-Eis bestehend aus normaler, heller und dunkler Schokolade und Zucker in rauen Mengen. Kein noch so sehr mit Zuckerersatzstoffen versetztes Eis konnte da mithalten. Und mal ganz ehrlich: Störte sich dann keiner außer ihm an den verdauungstechnischen Nebenwirkungen des übermäßigen Zuckerersatzstoff-Genusses? Ob wohl die Hersteller von Windeln für Erwachsene seitdem auch Umsatzsteigerungen verzeichneten? Gewundert hätte es ihn nicht.

Für Orbit stand auf jeden Fall fest: Diese Zuckerverbannung musste endlich ein Ende haben. Er wollte nicht länger ohne Zucker leben. Also musste etwas passieren. Nur was? Über diese Frage dachte er lange nach. Er dachte darüber auf dem Weg zur Arbeit nach, er dachte während der acht Stunden darüber nach, die er am Fließband stand und Kaugummi-Päckchen in Kartons packte, er dachte auf dem Heimweg darüber nach und er dachte in seiner Freizeit darüber nach. Er erstellte Pläne, Schaubilder und entwarf Szenarien, die er aber genauso schnell wieder verwarf. Schließlich war er doch nur ein kleines, unbedeutendes Rädchen in der großen Zuckerersatzstoff-Maschinerie, wie sollte also gerade er dafür sorgen, dass der Planet OHNE ZUCKER endlich nicht mehr ohne Zucker leben musste?

Und dann kam ihm eines Tages eine Idee. Er war gerade mitten in seiner achtstündigen Schicht am Fließband der Kaugummi-Fabrik, als sie ihn traf wie der vierzig Pfund schwere Vorschlaghammer, der bei seinem Bruder in der Garage stand, den dieser aber noch nie benutzt hatte, einfach deshalb weil er überhaupt nicht gewusst hätte wofür. Orbit riss ob ihrer Einfachheit und Brillanz Augen und Mund auf und seine Hände, die gerade einen weiteren Stapel Kaugummis in einen Karton packen wollten, erstarrten in der Luft. So verweilte er ganze zwanzig Sekunden lang, während es in seinem Gehirn raste. Nach Ablauf dieser zwanzig Sekunden bemerkte sein Vorarbeiter, dass sich das Band mit den Kaugummi-Kartons zwar weiter bewegte, Orbit aber nicht, schlug ihm mit der flachen Hand auf den Hinterkopf und raunzte ihn an, er solle gefälligst weiterarbeiten, er würde nicht fürs dumm rumstehen bezahlt.

Orbit bemühte sich für den Rest des Tages nicht aufzufallen, während er in seinem Kopf seinen Plan ausarbeitete, der diesem Leben ohne Zucker endlich ein Ende setzen sollte. Kaum erklang die Schlussglocke, eilte er nach Hause, um ihn so schnell wie möglich aufzuschreiben, damit er nicht irgendein besonders wichtiges Detail wieder vergaß. Dabei achtete er, ganz in Gedanken versunken, nicht auf seine Umgebung und blickte auch nicht auf, als er auf die Straße und genau vor einen Bus lief. Der Fahrer des Busses hatte keine Chance mehr zu bremsen und so erwischte der Bus Orbit mit voller Wucht. Orbit selbst bekam von seinem plötzlichen Tod überhaupt nichts mit. Er war zu beschäftigt.

Und so mussten die Bewohner des Planeten OHNE ZUCKER noch weitere zwanzig Jahre ohne Zucker auskommen, bis Präsident Wrigley, inzwischen Diktator Wrigley, endlich starb und seine Frau nichts mehr zu sagen hatte.