Samstag, 11. Januar 2014

Der Dieb der Worte


Ich habe letztens „Der Dieb der Worte“ geschaut. Mit Bradley Cooper, Zoe Saldana, Dennis Quaid und (last but not least) Jeremy Irons. Und obwohl ich normalerweise so meine Probleme mit Filmen habe, in denen nicht nur Voice Over sondern auch noch verschiedene Erzählebenen und Rahmenhandlungen vorkommen, hat er mir doch ausgesprochen gut gefallen. Vielleicht liegt das aber auch nur an meiner Perspektive der ebenfalls Schreibenden, dass ich mich in die Figur von Bradley Cooper besonders hinein versetzen konnte. Cooper als Rory Jansen, der versucht als Autor Fuß zu fassen und es lange nicht schafft, bis er eines Tages schließlich doch Erfolg hat, mit einem Buch, von dem aber relativ schnell klar wird, dass er es gar nicht selbst geschrieben hat.

Im Grunde ist das hier kein Spoiler, da, anders als die Kurzbeschreibung des Films suggeriert, nie wirklich in Frage gestellt wird, ob er das Buch nun gestohlen hat oder nicht. Es geht bei dem Film nicht um die Frage, die sich jeder Autor wohl schon einmal gestellt hat: Habe ich abgeschrieben ohne es zu wollen? Bin ich überhaupt authentisch oder ist alles, was ich jemals geschaffen habe doch nur irgendwo abgekupfert?

Stattdessen geht es darum, dass jeder Autor im Grunde seines Herzens genau weiß, wie er klingen möchte. Im eigenen Kopf weiß man, wie sich die Geschichte anhören soll, mehr noch, wie sie sich anfühlen soll. Man weiß genau, welche Art von Autor man sein möchte. Aber wenn es darum geht, dieses Wissen auf Papier zu bannen, stellt man schnell fest, dass es so einfach nicht ist. Die Worte, Sätze und Absätze strotzen vor Unzulänglichkeit. Sie erscheinen stumpf und lieblos und sind nicht in der Lage, die Magie der Geschichte, die wir in unserem Kopf haben und spüren, zu transportieren. Es geht um die Verzweiflung, nicht der Autor sein zu können, der man sein will. Schlimmer noch: Nicht der Mensch sein zu können, der man sein will.

Und wie gut kann ich das verstehen. Den Schmerz, den eigenen Erwartungen nicht zu entsprechen. Egal, wie sehr man es auch versuchen mag. Nicht in der Lage zu sein, das Gefühl, das Wissen darum wie es klingen soll, umzusetzen, sichtbar zu machen für andere als nur einen selbst. Und es trotzdem nicht aufgeben zu können. Nicht aufgeben zu wollen, denn wenn man es aufgibt, wer ist man dann noch? Was bleibt übrig? Nur ein einfacher Mensch unter Millionen. Ein Niemand. Und das kann nicht sein. Zu wissen, dass es irgendwo da ist, in dir selbst, und du kannst es nicht hervorholen. Kein Wunder, dass so viele Schreiberlinge (Künstler jeder Schaffensrichtung) zu Alkohol oder Drogen greifen, um dieses Gefühl zu betäuben. Diesen Schmerz. Um dieses Loch in deiner Brust mit irgendetwas zu füllen. Etwas, das dich zumindest für kurze Zeit vergessen lässt. Dich vielleicht sogar hoffen lässt. Oder dir einfach nur die Möglichkeit gibt, das Gefühl der Verzweiflung für einen kurzen Augenblick zuzulassen, das du normalerweise möglichst tief in dir selbst vergräbst. Denn wenn du dich ihm erst einmal hingegeben hast, wie sollst du dann jemals wieder davon genesen? Wie jemals wieder den Mut aufbringen, es doch weiter zu versuchen? Ich habe keine Ahnung.

Und wenn uns dann diese Chance geboten würde. Ein Manuskript, offensichtlich vor langer Zeit verloren und vergessen. Eine Geschichte, so perfekt und wunderschön, die alles das vollbringt, von dem wir es uns immer gewünscht haben. Die das Gefühl, die Magie, aufs Papier bannt, für jeden sichtbar. Die unser Innerstes nach außen trägt und es für alle offenbart. Auf eine Art und Weise, wie wir selbst es niemals schaffen werden. Würden wir uns nicht auch einreden wollen, dass wir dieses Meisterwerk selbst geschaffen haben. Vor allem, wenn uns von außen auch noch bestätigt wird, dass diese Geschichte genau das ausdrückt, von dem schon immer vermutet wurde, dass es in uns steckt. Wenn wir der Welt damit zurufen könnten: „Seht ihr, genau das habe ich gemeint“? Würden wir es tun? Ich glaube schon. Aber würden wir es auch dann tun, wenn wir damit alles zerstören, was unser Leben sonst noch ausmacht? Würden wir unser Glück eintauschen für den Ruhm. Für die Gewissheit, dass sich die Leute an uns erinnern werden. Dass wir der Welt etwas mitgegeben habe. Etwas von uns. Und was hilft es, wenn wir das nicht mit jemandem teilen können, der uns auch dann geliebt hätte, wenn es uns nicht gelungen wäre? Um unser selbst willen und nicht wegen dem, was wir geschaffen haben. Oder noch schlimmer, nur wegen des Ruhmes, den wir dadurch erlangt haben. Wofür würdet ihr euch entscheiden?

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